Jilliane Hoffman – „Vater unser“

Donnerstag, 17. Dezember 2009

(Wunderlich, 572 S., HC)
Seit fast einer Woche arbeitet Georgia Adams in der Nachtschicht der Notrufzentrale, als sie um Viertel vor fünf morgens den beunruhigenden Anruf eines kleines Mädchens annimmt, das leise schluchzend um Hilfe bittet und vermutet, dass „er“ zurückkommt. Dann ist es still in der Leitung. Als ein Streifenwagen vor dem entsprechenden Haus vorfährt, aus dem der Notruf kam, entdecken die Streifenpolizisten ein grausames Blutbad. Jennifer Marquette und ihre drei Kinder Emma, Danny und Sophie liegen ermordet in ihren Betten, Dr. David Marquette hat als Einziger das Massaker überlebt und wird auf die Intensivstation ins Krankenhaus gebracht. Er gilt schnell als Hauptverdächtiger, der sich als Chirurg die lebensgefährlichen Verletzungen selbst zugefügt haben soll.
Der resoluten Staatsanwältin Julia Valentine wird der Fall übertragen. Als sie das Band von dem besagten Notruf abhört, wird der Verdacht gegen den jungen Chirurgen untermauert. Doch bei der Suche nach einem Motiv und eindeutigen Beweisen tun sich die Ermittler schwer, allerdings entpuppt sich das Sperma auf Jennifers Nachthemd nicht als das ihres Mannes. Problematisch wird der Fall vor allem dadurch, dass Marquette französischer Staatsangehörigkeit ist und die Franzosen den Angeklagten vor der befürchteten Todesstrafe bewahren wollen. Dieser plädiert zudem auf Unzurechnungsfähigkeit, weil er schizophren sei …
Nach ihren ersten beiden Thrillern um den „Cupido“-Mörder William Bantling und die Staatsanwältin C.J. Townsend ist Jilliane Hoffman mit ihrem neuen Thriller zwar ihrer Heimat Miami treu geblieben, hat aber das spektakuläre Familienmassaker mit neuen Protagonisten besetzt. Dabei hat auch die neue Staatsanwältin eine Vergangenheit aufzuarbeiten, die ihr bei dem Fall in die Quere kommt. Außerdem spielen politische Ambitionen ebenso eine Rolle wie die interessante Frage nach der psychischen Struktur des Täters. Immer wieder tauchen neue Erkenntnisse und Vermutungen auf, die es bis zum Schluss offen halten, ob Marquette tatsächlich schizophren ist oder ein geschickter Blender … Hoffman erweist sich dabei erneut als souveräne Spannungsautorin, die zunächst einen interessanten Fall konstruiert und den Leser anschließend mit den Tücken des amerikanischen Justizsystems vertraut macht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen