James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 8) „Im Dunkel des Deltas“

Montag, 18. Juni 2018

(Pendragon, 505 S., Pb./Edel:eBooks, 378 S., eBook)
Nachdem sich Sonny Boy Marsallus mit der mächtigen Giacano-Familie in New Orleans angelegt hatte, verzog er sich in den Süden, wo er die US-amerikanischen Manöver in El Salvador und Guatemala aus erster Hand miterlebte. Als er nach New Orleans zurückkehrt, hat er noch eine Rechnung mit dem Bordellbetreiber Sweet Pea Chaisson zu begleichen und übergibt Detective Dave Robicheaux ein brisantes Notizbuch mit Anspielungen auf Waffenlager und Drogenschmuggler, hinter dem bald einige zwielichtige Typen her sind. In einer anderen Sache hat Robicheaux mit der Schwarzen Bertha Fontenot zu tun, die sich darüber beschwert, dass der Anwalt Moleen Bertrand hinter dem Land her ist, auf dem sie seit Jahrzehnten mit ihrer und fünf anderen Familien lebt. Und schließlich gesteht Roland Broussard, der wegen einer Geschwindigkeitsübertretung in dem Wagen von Sweet Peas Freundin Della Landry angehalten und festgenommen worden ist, dass er beobachtet hat, wie einige Männer Della in ihrem Haus ermordet haben.
Die Ermittlungen machen kaum Fortschritte, und Robicheaux legt sich öffentlich mit John Giacano an, was ihn selbst zur Zielscheibe der Killer macht. Als Robicheaux wegen seines ungebührlichen Verhaltens suspendiert wird und mit seinem alten Kumpel Cletus Purcel eine Zweigstelle von Purcels Detektei in Iberia aufmacht, spitzen sich die Ereignisse allmählich zu, tauchen immer weitere finstere Figuren auf und sorgen für weitere Tote …
„Was das Morden angeht, ist die Mafia unerreicht. Ihr Wissen und ihre Erfahrung reichen zurück bis in die Zeit der napoleonischen Kriege; das Ausmaß an Brutalität und physischer Gewalt, die sie an ihren Opfern auslassen, ist geradezu bizarr und übersteigt jedes normale Maß; die Urteilsquote ihrer Auftragskiller ist ein Witz.“ (S. 389) 
Im achten Buch der großartigen Reihe um den ehemaligen Detective der Mordkommission in New Orleans geht es ziemlich drunter und drüber. Das trifft nicht nur auf die Ereignisse zu, die von Grabschändungen, Landraub, mutmaßlich verborgenen Schätzen, gefährlichen Affären und Auftragsmorden reichen, sondern vor allem auch auf die unüberschaubare Palette an Figuren, die die ohnehin verwirrenden und am Ende nicht wirklich aufgeklärten Ereignisse ordentlich durcheinanderwirbeln.
Spannung kommt hier nur selten auf, weil sich die Erzählstränge immer wieder überschneiden und die losen Enden kaum aufgelöst werden. Aus Dave Robicheaux‘ persönlichen Umfeld wird in „Im Dunkel des Deltas“ ausnahmsweise wenig erzählt. Hier muss der Verweis auf den früheren Mann seiner Frau Bootsie genügen, der die Bücher für die Familie Giacano geführt hat und zur Hälfte an einer Automatenfirma von ihr beteiligt gewesen ist. Auch zu seiner Adoptivtochter Alafair und seinem schwarzen Angestellten Batist gibt es wenig Neues zu erfahren. Robicheaux selbst wirkt recht desorientiert und weiß sich oft nur mit Gewalt zu helfen, wobei sein sonst viel weniger zimperlicher Kumpel Cletus ihn immer wieder zur Räson bringen muss.
Was James Lee Burke nach wie vor hervorragend gelingt, sind seine Beschreibungen der Landschaft und des Milieus, in dem er sich auskennt wie kein zweiter zeitgenössischer Schriftsteller. Wenn er seinen Protagonisten über die Geschichte Louisianas, die Mafia, die Drogen- und Waffengeschäfte und den unsinnigen Vietnamkrieg sinnieren lässt, entschädigt dies auch diesmal für den schleppenden Spannungsaufbau und die verqueren Erzählstränge.
 Leseprobe James Lee Burke - "Im Dunkel des Deltas"

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