James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 6) „Im Schatten der Mangroven“

Montag, 23. April 2018

(Pendragon, 542 S., Pb.)
Hollywood-Produzent Mike Goldberg produziert in New Iberia mit Star-Schauspieler Elrod Sykes einen Film und lässt die Geschäftsleute in der Gegend von einem Geldregen träumen. Dass auch der berüchtigte Mafioso Julie Balboni dabei seine Finger im Spiel hat, stört zunächst niemanden, doch dann muss Dave Robicheaux den Mord an der 19-jährigen Prostituierten Cherry LeBlanc aufklären, die offensichtlich zu einem ihr bekannten Mann ins Auto gestiegen ist und deren fürchterlich zugerichteter Körper im Wald aufgefunden ist. Von Balbonis Handlanger Cholo Manelli erfährt der Vietnam-Veteran, dass dieser sich mit Balboni über den Tod des Mädchens unterhalten hatte, während dieser behauptete, nichts darüber gehört oder gelesen zu haben.
Während seiner Ermittlungen wird Robicheaux aber auch noch an ein Erlebnis von vor 35 Jahren erinnert, als er in den Atchafalaya-Sümpfen Zeuge eines kaltblütigen Mordes an einem Schwarzen gewesen war. Allerdings konnte die Leiche nie gefunden, der Täter nicht gefasst werden. Ausgerechnet der alkoholsüchtige Sykes behauptet nun, die Überreste der Leiche entdeckt zu haben. Während Robicheaux einmal mehr mit den Dämonen seiner Vergangenheit konfrontiert wird, legt er sich mit einigen mächtigen Männern in Iberia Parish an und gerät so selbst ins Visier eines raffinierten Killers, der keine Skrupel hat, auch unbeteiligte Menschen zu opfern …
„Meine Erfahrungen mit Mitgliedern der Mafia und Soziopathen im Allgemeinen zeigten, dass sie ganz selbstverständlich und ohne Weiteres lügen. Sie lügen so überzeugend, weil sie es oft tun, auch wenn keinerlei Bedarf dazu besteht. Man könnte jetzt tief in die Kiste der forensischen Psychologie greifen, um zumindest ansatzweise zu verstehen, wie die Gedankenprozesse solcher Menschen ablaufen, aber genauso gut könnte man seinen Kopf in den Mikrowellenherd stecken, um tiefere Erkenntnisse über die Elektrizität zu gewinnen.“ (S. 58) 
In schöner Regelmäßigkeit beglückt uns der Bielefelder Pendragon-Verlag seit Jahren mit Neuauflagen und Erstausgaben der zurecht gefeierten Krimi-Serie um den charismatischen Südstaaten-Cop Dave Robicheaux, der nach seiner Rückkehr aus Vietnam dem Alkohol verfallen war und noch immer Probleme hat, sein Temperament zu zügeln, wenn er der Ungerechtigkeit und Gewalt in seiner Welt ohnmächtig gegenübersteht. Doch da er das Herz am rechten Fleck trägt und einen wunderbaren Ehemann für seine Jugendliebe Bootsie und Adoptivvater für Alafair abgibt, kann man dem Staatsdiener kaum böse sein. Auch in seinem sechsten Fall, der 2009 von Bertrand Tavernier mit Tommy Lee Jones und John Goodman unter dem Titel „In The Electric Mist – Mord in Louisiana“ verfilmt worden ist, schlägt Robicheaux immer wieder mal über die Stränge, schließlich entwickelt sich Julie Balboni, mit dem er aufgewachsen ist, mit seiner Filmproduktion zu einer echten Plage. Burke gelingt es meisterhaft, die komplexen Beziehungsgeflechte zwischen den Protagonisten seines Romans auf höchst stimmungsvolle Weise nachzuzeichnen, den Rassismus und das organisierte Verbrechen, Hollywood und das große Geld, Prostitution und Korruption in einen Plot zu gießen, in dem auch die FBI-Agentin Rosa Gomez eine wichtige Rolle spielt. Zusammen mit den unnachahmlichen Landschaftsbeschreibungen und dem trockenen Humor bietet „Im Schatten der Mangroven“ abgründige Krimi-Unterhaltung vom Feinsten.

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