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Fabio Volo – „Seit du da bist“

Sonntag, 29. Oktober 2017

(Diogenes, 311 S., Pb.)
Der ungefähr vierzigjährige Nicola ist überzeugter Single und Schürzenjäger. Als sein Freund Mauro daheim seine Freundin Michela mit einem anderen Mann im Bett erwischt, unternehmen die drei Freunde Mauro, Nicola und der verheiratete Sergio wie in früheren Zeiten einen gemeinsamen Trip nach Rom. Dort lernt Nicola die umwerfende Sofia aus Bologna kennen. Er ist hin und weg von ihr, obwohl sie ganz anders ist als die Frau, von der er immer geträumt hatte. Nachdem sie die Wochenenden gemeinsam entweder in Mailand oder bei ihr in Bologna verbracht haben, zieht Sofia zu Nicola in seine kleine Dachwohnung im Zentrum von Mailand. Doch die anfängliche Euphorie über das unvorstellbare Liebesglück weicht dem anstrengenden Alltag, als Sofia schwanger wird und Leo fortan den Tagesablauf bestimmt.
Über das Kümmern um das Baby verlieren sich Nicola und Sofia aus dem Blick, die Leidenschaft und das Vertrauen verkümmern über den kleinen Lebenslügen, mit denen sich Nicola seine Freiräume erkämpft, bis er sich auf dem Sofa seines Freundes Mauro wiederfindet.
„Von dem Leben, das uns erwartete, hatten wir eine völlig falsche Vorstellung. Ich dachte, bis auf ein bisschen Durcheinander und wenig Schlaf würde alles so weitergehen wie zuvor, vor allem meine Beziehung zu Sofia.
Wenn uns Freunde ihre Horrorgeschichten erzählten, dachten wir immer, so etwas könnte uns nicht passieren. Wir waren ja nicht wie sie. […] Keiner von uns beiden hätte sich je vorstellen können, irgendwann einen völlig Fremden vor sich zu haben.“ (S. 149) 
Der in Mailand lebende Autor, Schauspieler und Moderator Fabio Volo hat bereits in seinen früheren Bestsellern wie „Lust auf dich“, „Noch ein Tag und eine Nacht“, „Zeit für mich und Zeit für dich“ und „Einfach losfahren“ auf humorvolle, leichtfüßige aber auch lebensnahe Weise von den Herausforderungen im Leben und vor allem in der Liebe geschrieben. Und auch das aus der Perspektive seines Protagonisten Nicola geschriebene „Seit du da bist“ wirkt wie das authentische Dokument einer wunderbaren Verwandlung, diesmal eines überglücklichen Liebespaares zu einem Familientrio, in dem das Neugeborene fortan die ganze Aufmerksamkeit für sich beansprucht.
Zwar sind es vor allem Nicolas Gedanken und Gefühle, die der Leser vermittelt bekommt, aber die von ihm geschilderten Eindrücke und Empfindungen entsprechen bei aller persönlichen Note doch generell den Herausforderungen, die Liebespaare durch die Geburt eines Kindes meistern müssen. Einfühlsam lässt Volo seinen männlichen Protagonisten zunächst in Erinnerungen an das erste Kennenlernen und die folgenden leidenschaftlichen Begegnungen zwischen Nicola und Sofia schwelgen, um dann der Frage auf den Grund zu gehen, wie die beiden zu den Menschen geworden sind, die sich kaum noch etwas zu sagen haben, die ständig übernächtigt, gereizt und erschöpft sind, nicht mehr willens, auf den anderen zuzugehen, ihn zu verstehen oder gar noch zu begehren.
Es ist eine Achterbahn der Gefühle, die der Italiener in „Seit du da bist“ inszeniert, wobei er mit sehr lebendigen Dialogen auch Sofias Sicht auf die Dinge einbringt und zum Ende hin wundervoll beschreibt, wie Nicola und Sofia wieder die Kurve bekommen.
Zu dieser Leichtigkeit, mit der die großen Fragen des Lebens thematisiert werden, ist auch nur Fabio Volo in der Lage.
Leseprobe Fabio Volo - "Seit du da bist"

Fabio Volo – „Der Weg nach Hause“

Samstag, 4. Juni 2016

(Diogenes, 410 S., Pb.)
Im Gegensatz zu seinem drei Jahre älteren, so viel vernünftigeren Bruder Andrea ist Marco schon zu Jugendzeiten immer wieder in Schwierigkeiten geraten und wurde sogar einmal in Handschellen von einem Polizisten abgeführt, nachdem er das Auto eines Nachbarn demolierte, als sich dieser geweigert hatte, die Alarmanlage des Wagens abzustellen.
Die enge Beziehungen zwischen den Brüdern, die in ihrer Kindheit noch Bestand hatte, löste sich auf, Marco eröffnete in London ein Restaurant und schleppt nach wie vor am liebsten ausgewählte Kundinnen ab, während Andrea nach seinem Studium in einem Ingenieursbüro arbeitet und seit zwölf Jahren mit Daniela verheiratet ist. Als ihr Vater ins Krankenhaus kommt und nach seiner Entlassung wegen seiner fortschreitenden Demenz auf Pflege angewiesen ist, kehrt Marco nach einem Jahr wieder nach Hause zurück und betreut mit Andrea den Vater in dessen Wohnung.
Andrea und Marco kommen sich zwangsläufig wieder näher, geraten aber auch immer wieder aneinander. Während Andreas Ehe unvermittelt vor dem Aus steht, trifft Marco seine erste Liebe Isabella wieder. In ihrem Elternhaus erinnern sie sich an ihre Kindheit, an die Frauen in ihrem Leben, an die viel zu früh verstorbene Mutter und philosophieren über die Liebe, das Leben, den Tod.
„Ein Mensch ist, was er ist, was bleibt und was verschwindet. Und eine Menge andere Dinge, die seine Welt ausmachen, ihn auf Trab halten und eines Tages mit einem Klick nicht mehr da sind. Und wenn er gut war, hat er irgendetwas, ein winziges Stück von sich selbst an die weitergegeben, die bleiben.“ (S. 339) 
Fabio Volo hat bereits mit seinen früheren Romanen „Lust auf dich“, „Einfach losfahren“, „Noch ein Tag und eine Nacht“ und „Zeit für mich und Zeit für dich“ wunderbare Bücher über Freundschaften, die Liebe und vor allem das Leben geschrieben. Im Gegensatz zu Paulo Coelho, der ähnlich elementare Themen stets spirituell überhöht moralisiert, erzählt der italienische Autor eher leichtfüßig und lässt seine sympathischen Protagonisten unverhofft schon mal in mittelschwere Krisen stürzen, doch bei allen Rückschlägen, die sie bei der Bewältigung ihrer Probleme verarbeiten müssen, finden sie auch neue Wege, mit ihrem Leben und ihren Gefühlen umzugehen.
In Volos neuen Roman „Der Weg nach Hause“ werden die beiden unterschiedlichen Brüder Andrea und Marco durch die Krankheit ihres Vaters wieder zusammengeführt und erhalten durch die Spiegelung in den Gesprächen miteinander neue Sichtweisen auf ihr eigenes Leben und finden so allen unterschiedlichen Ansichten zum Trotz wieder zu einer einander wertschätzenden Beziehung. Dabei bedient sich Volo wie gewohnt einer leichten Sprache, die wunderbar die Waage hält zwischen humorvollen Tönen und tiefgründigem Ernst.
Leseprobe Fabio Volo - "Der Weg nach Hause"

Fabio Volo – „Noch ein Tag und eine Nacht“

Donnerstag, 26. Mai 2016

(Diogenes, 299 S., Tb.)
Der fünfunddreißigjährige Giacomo ist es gewohnt, Frauen, die ihm gefallen, sofort kennenzulernen, um sie vor allem ins Bett zu kriegen. An festen Beziehungen ist er nie so recht interessiert. Bei der Frau in der Straßenbahn ist es anders. Zwei Monate lang beobachtet er die geheimnisvolle Unbekannte, tauscht mit ihr ein angedeutetes Lächeln und stumme Blicke. Er fragt sich, ob man sich in einen Menschen verlieben kann, den man nicht kennt, sondern nur täglich auf dem Weg zur Arbeit in der Straßenbahn sieht. Sie anzusprechen traut er sich nicht.
Eines Tages macht sie den ersten Schritt, lädt Giacomo auf einen Kaffee ein. Sie stellt sich als Michela vor und erzählt ihm, dass sie aus beruflichen Gründen am nächsten Tag nach New York zieht. Giacomo ist entsetzt, bekommt Michela nicht mehr aus seinem Kopf und beschließt, für ein paar Tage nach New York zu fliegen, obwohl er davon ausgeht, dass sie nicht allein nach New York gegangen ist. Tatsächlich freut sich Michela über seinen Besuch, und die beiden lassen sich auf ein ungewöhnliches Spiel ein.
„Ich wollte mich völlig meinen Gefühlen hingeben, keine Worte, Gesten und Aufmerksamkeiten abwägen müssen. Mich nicht zurückhalten müssen. Wollte die Freiheit zu sein, wie ich wollte. Ohne die Angst, jemanden zu enttäuschen, ohne die Angst, Reißaus nehmen zu müssen. Michela war dafür genau die Richtige. Es war seltsam, aber durch dieses Spiel konnte ich nicht falsch verstanden werden, und ich musste keine Versprechungen machen.“ (S. 157) 
Mit seinem vierten Roman „Noch ein Tag und eine Nacht“ erweist sich der italienische Bestseller-Autor Fabio Volo einmal mehr als Romancier der großen Gefühle. Doch statt kitschig die romantischen Klischees einer Liebesgeschichte wiederzukäuen, nimmt er den Leser auf eine abenteuerliche Reise mit, die dem Schreiben über die Liebe ganz neue Facetten abgewinnt.
Mit Giacomo hat der Autor einen durch und durch sympathischen Ich-Erzähler geschaffen, der ganz reflektiert seine Beziehungen zu Frauen zu analysieren versteht, der mit liebevollen Erinnerungen an seine Kindheit zurückdenkt und Freundschaften auch zu durchaus nervigen, aber aufmerksamen Menschen zu pflegen versteht.
Wie Giacomos Alltag und Gefühlsleben durch die eigenartige Beziehung zu Michela durcheinandergebracht wird, wie diese seinen Mut und seine Offenheit beflügelt, ist einfach luftig leicht und wunderschön geschrieben, wobei die spritzigen Dialoge zwischen Giacomo und Michela beweisen, dass es sich hier tatsächlich um eine ganz außergewöhnliche Beziehung und vor allem eine ebensolche Geschichte handelt, wie sie nur Fabio Volo schreiben kann.
Leseprobe Fabio Volo - "Noch ein Tag und eine Nacht"

Fabio Volo – „Einfach losfahren“

Dienstag, 22. März 2016

(Diogenes, 286 S., Tb.)
Der fünfunddreißigjährige Michele lebt mit seiner Frau Francesca in einer italienischen Kleinstadt und wartet im Krankenhaus auf die Geburt seiner Tochter. Die Wartezeit nutzt er dazu, niederzuschreiben, wie er zu dem Mensch geworden ist, der jetzt neben dem Kreißsaal auf das neue Leben wartet, das ihm seine Frau schenkt. Bevor er Francesca kennenlernte, arbeitete Michele als Journalist in der Redaktion einer Wochenzeitschrift. Zu der Zeit suchte er nach der Frau seines Lebens, weil er im Grunde genommen gar kein Leben hatte. Allein die seit der Mittelschule andauernde Freundschaft mit Federico hat dazu geführt, sich darüber klar zu werden, was jeder vom Leben erwartet. Bis dahin haben die beiden Freunde ihr Leben nach dem immer gleichen Muster gelebt, das aus Arbeit und Ausgehen, mittwochabendlichen Tippkick-Spielen, alkoholischer Selbstzerstörung am Wochenende und sonntäglicher Erholung von diesen Exzessen bestand.
Mit achtundzwanzig begann Fede dann das Gefühl zu entwickeln, sein Leben wegzuwerfen und nicht etwas Bedeutendes zu tun. Wenig später trennten sich Federicos und Micheles Wege. Während Federico ohne große Abschiedsgesten davonzog, lernte Michele in einer Bar die dort arbeitende Francesca kennen und führte mit ihr eine Beziehung, deren Feuer nach wenigen Monaten wieder erloschen war.
„Ich hätte nie meine Arbeit aufgegeben wie Federico. Undenkbar. Wegen dieser Angst führte ich ein Leben, das nicht mein eigenes war. Ich lebte nicht meine Bestimmung. Möglich, dass nur ganz wenige Menschen wirklich ihrer Bestimmung gemäß leben, aber ich gehöre mit Sicherheit nicht zu ihnen. Ich lebte ein Leben, das mir praktisch zugestoßen war. Ich hatte mich darin eingenäht wie in ein Kleid und war mit der Zeit zu der Überzeugung gelangt, es wäre meins. Obwohl mir ab und zu bewusst wurde, dass es an einigen Stellen ein bisschen zwickte. Aber man gewöhnte sich an alles. An eine Arbeit, die einem keinen Spaß macht, an eine Liebe, die erloschen ist, an die eigene Mittelmäßigkeit.“ (S. 36) 
Erst die Nachricht vom Tod seines besten Freundes hat Michele wachgerüttelt. Er besuchte Federicos Freundin Sophie auf den kapverdischen Inseln und verbrachte dort neun Monate, die aus ihm einen neuen Menschen machten, bereit für einen neuen Anlauf mit Francesca …
Mit „Einfach losfahren“ hat der in Mailand, Rom, Paris und New York lebende Schriftsteller und Schauspieler Fabio Volo einen wunderbaren Selbstfindungsroman geschrieben. Indem er von den Routinen des alltäglichen Lebens und Liebens nachsinnt, weil sein bester Freund den Status quo seines eigenen Lebens in Frage stellt, malt sich der Ich-Erzähler Möglichkeiten und Träume aus, die nach der Verwirklichung des ersten Traums zu Projekten werden.
Die Einstellungen zu Freunden, Familie und Geliebten verändern sich ebenso wer Prozess zur Erkenntnis, dass es nicht darum geht, glücklich zu sein, sondern sich mit etwas Geheimnisvollen verbunden zu fühlen, das einen niemals verlässt.
Fabio Volos „Einfach losfahren“ regt zum Nachdenken über die elementarsten Themen im Leben eines Menschen an und bleibt trotz der philosophischen Tiefe, die gelegentlich an Paulo Coelhos esoterisch durchwirkten Geschichten erinnert, immer bei seinen Figuren und führt diese zu einer ermutigenden Selbsterkenntnis, die sie neue Wege beschreiten lässt.
Leseprobe Fabio Volo - "Einfach losfahren"

Fabio Volo – „Lust auf dich“

Dienstag, 8. April 2014

(Diogenes, 301 S., Pb.)
Eigentlich hat Elena alles, was sich eine Frau nur wünschen kann: Nach dem Studium hat sie sich in einer Mailander Firma zur Leiterin der Marketingabteilung hochgearbeitet und mit Paolo einen Mann geheiratet, den sie bis zum Ende ihres Lebens lieben könnte, wie sie glaubte. Doch als sie bei einer Präsentation die Blicke eines attraktiven Mannes auf sich spürt und diesen in London näher kennenlernt, beginnt sie ihre Ehe zu hinterfragen und lernt eine ganz andere Frau in sich kennen.
Je mehr sie sich diesem Fremden hingibt, mit dem sie sich ausschließlich in dessen Wohnung trifft, je mehr sie die Lust und Leidenschaft zu schätzen weiß, die diese Affäre ihr bereitet, desto mehr ist sie sich dem öden Eheleben bewusst, in das sich die einst so intensive Liebe verwandelt hat. Elena hasst die Fahrten zu ihrer Schwiegermutter, die ihren Sohn immer noch so verhätschelt, als sei er ein Kind, und Elena mit mehr oder weniger versteckten Vorwürfen attackiert. Noch mehr aber hasst sie das, was die Ehe aus ihr selbst gemacht hat. Sie stört sich an dem fehlenden Interesse, das ihr Paolo entgegenbringt, der nach der Arbeit nur noch müde aufs Sofa fällt und vor der Glotze abhängt, während er Elenas Wünsche nach Gesprächen nicht ernst nimmt. Gespräche sind nicht unbedingt das, was Elena mit ihrer Affäre verbindet, aber aus dem sinnlichen, zärtlichen, leidenschaftlichen und experimentellen Sex, den sie nun erlebt, erwächst ein ganz neues Selbstvertrauen.
„Ich denke, dass meine Lust bei ihm so intensiv und tief ist, weil mein Körper in seinen Händen zum ersten Mal erhört wird. Er beherrscht das Spiel und weiß, wie er meine Lust immer mehr steigern kann, so dass ich mich so stark fühle wie er. Wenn wir miteinander schlafen, sind wir eins, und ich habe nie das Gefühl, passiv zu sein, auch wenn mir bewusst ist, dass er die treibende Kraft ist. Ich habe gelernt, dass es Teil eines Spiels ist, das auch ich lenke. Meine Unterwerfung ist ein Geschenk, das ich ihm bereite, keine Niederlage. Mit ihm zu schlafen ist eine geheimnisvolle Reise. Er führt mich, er reißt mich mit, geleitet mich an Orte, die ich nicht kenne und nie besucht habe.“ (S. 122) 
Allerdings scheint sich Elenas Ekstase in eine Verliebtheit zu wandeln, die die ungeschriebenen Grenzen ihrer Beziehung überschreitet. Das Objekt ihrer Begierde ist von Elenas Drang, immer mehr Kontrolle über das zu übernehmen, was sie miteinander verbindet, gar nicht begeistert …
Der italienische Schriftsteller, Schauspieler, Fernseh- und Radio-Moderator Fabio Volo, der sowohl in Mailand als auch in Rom, Paris und New York zuhause ist, hat in seinen bisherigen Romanen „Einfach losfahren“, „Noch ein Tag und eine Nacht“ sowie „Zeit für mich und Zeit für dich“ stets die Lebens- und Liebesgeschichten von jungen Männern beschrieben. In „Lust auf dich“ nimmt er erstmals die Perspektive einer Frau ein, die sich nicht nur durch Tagebuchaufzeichnungen vorstellt, sondern auch die darüber hinaus erwähnenswerten Ereignisse und Gedanken aus der Ich-Perspektive schildert. Sukzessive beschreibt Volo die Metamorphose einer Frau, die sich durch eine aufregende Affäre zu spiegeln beginnt, wie sich die Ehe mit Paolo gestaltet und welch neue Seiten die Beziehung zu einem neuen Mann in ihr zum Vorschein bringt.
Der Titel „Lust auf dich“ deutet schon an, dass Volo dabei recht freizügig zu Werke geht, doch lässt er dem Leser durchaus genügend Spielraum, die erotischen Szenen mit eigenen Phantasien aufzufüllen. Letztlich dient der Sex wie so oft nur als Mittel zum Zweck, als Schlüssel zu einer Tür, hinter der Elena ganz neue Seiten ihrer Persönlichkeit zu entdecken beginnt, die in ihrer Ehe nie zum Vorschein gekommen sind. Auf seine typisch leichte, doch packende Art beschreibt Volo die vielschichtigen Konsequenzen, die die Begegnung zweier Menschen nach sich ziehen kann – in positiver wie negativer Hinsicht.
Leseprobe Fabio Volo - "Lust auf dich"

Fabio Volo – “Zeit für mich und Zeit für dich”

Dienstag, 12. März 2013

(Diogenes, 261 S., Pb.)
Lorenzo hat es nicht leicht gehabt in seinem Leben. Als Sohn eines stets verschuldeten Barbesitzers ist er in ärmlichen Verhältnissen in einem Dorf bei Mailand aufgewachsen und hat es stets bedauert, keinen wirklichen Kontakt zu seinem jetzt 76-jährigen Vater aufgebaut haben zu können, auch wenn er als junger Mann in der Bar auszuhelfen begann, um die Schuldenlast zu drücken, oder direkt mit Geld aushalf.
Als Lorenzo einen Job bei einem Schuldeneintreiber annahm, war das für den nie gesprächigen Vater der Verrat schlechthin. Erst als der damals 14-jährige Junge den neuen, 30 Jahre alten Nachbarn Roberto kennenlernte, eröffnete sich ihm eine neue Welt aus Musik und Büchern, die sein weiteres Leben prägen sollten.
„Es war Neugier, die mich zum Lesen trieb, nicht Pflichtgefühl. Immer mehr wollte ich wissen, es gab mir das Gefühl zu wachsen. Ich fand Gefallen daran, den Figuren der Bücher zu begegnen, mich mit ihnen auseinanderzusetzen, ja mich mit ihnen zu messen. Ich fühlte mich aufs engste mit ihnen verbunden. Von Menschen zu lesen, die noch schwierigere und schlimmere Dinge durchlebten als ich, machte meine eigenen Sorgen erträglicher, und ich fühlte mich weniger allein, weil ich nicht der Einzige war, der gedemütigt wurde. Es gab noch mehr Menschen wie mich, ich brauchte mich nicht mehr so allein zu fühlen, und vor allem erfuhr ich viel Neues über mich selbst. Die Geschichten waren zwar erfunden, doch die Gefühle waren real, und ganz offensichtlich kannten die Autoren, was sie beschrieben. Plötzlich gab es lauter neue Menschen in meinem Leben, die die Macht hatten, meine Stimmung zu beeinflussen, mir neue Gedanken einzugeben, mir eine neue Art, zu leben und zu empfinden, aufzuzeigen.“ (S. 76f.) 
Mittlerweile hat Lorenzo Karriere als Werbetexter gemacht, seinen Eltern, die endlich die Bar verkauft haben, eine Wohnung gekauft, in der sie unbeschwert ihren Lebensabend verbringen können, aber glücklich ist er nicht. Vor zwei Jahren hat ihn seine große Liebe Federica verlassen. Sicher, es hat danach andere Frauen gegeben, aber nichts ersehnt sich Lorenzo mehr, als Federica zurückzugewinnen. Als er erfährt, dass sie demnächst heiratet, dreht er fast durch. Ein letztes, verzweifeltes Mal versucht er, Federica zurück in seine Arme zu führen …
Das italienische Multitalent Fabio Volo hat bereits mit seinen vorigen Romanen „Noch ein Tag und eine Nacht“ und „Einfach losfahren“ geschickt und verführerisch mit scheinbar leichter Hand von den schillernden, geheimnisvollen Pfaden der Liebe geschrieben, und in diesem Sinne bleibt sich der Autor, Schauspieler, Fernseh- und Radio-Moderator in seinem neu bei Diogenes veröffentlichten Werk treu. Was „Zeit für mich und Zeit für dich“ vor allem ausmacht, ist nicht allein die Reflexion über eine verlorene Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau, sondern die parallel dazu entwickelte Geschichte einer schwierigen Beziehung zwischen einem Sohn und seinem immer irgendwie fremd gewesenen Vater. Die nebenbei eingeflochtenen Erkenntnisse und Erlebnisse aus Lorenzos Freundes- und Arbeitswelt komplettieren die Suche eines Mannes nach der Essenz des Lebens und machen den tiefsinnigen wie leichtfüßigen und humorvollen Roman so lesenswert.