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Jens Henrik Jensen – (Oxen: 6) – „Pilgrim“

Donnerstag, 11. Januar 2024

(dtv, 512 S., Pb.) 
Der Däne Jens Henrik Jensen hatte bereits eine langjährige journalistische Karriere hinter sich, bevor er 1997 sein (hierzulande noch unveröffentlichten) Romandebüt veröffentlichte. Seinen internationalen Durchbruch feierte Jensen allerdings erst mit dem 2012 veröffentlichten ersten Band um den höchstdekorierten dänischen Kriegsveteran Niels Oxen, der 2018 unter dem Titel „Das erste Opfer“ auch in deutscher Übersetzung bei dtv erschien. Mittlerweile haben auch Jensens zuvor erschienenen Thriller-Reihen um Nina Portland („SØG“) und die Kazanski-Trilogie („East“) ihren Weg in den deutschen Sprachraum gefunden, aber das Herzstück von Jensens Schaffen bildet nach wie vor die Oxen-Reihe. Mit „Pilgrim“ erscheint der bereits sechste Band und damit die direkte Fortsetzung zum Vorgänger „Noctis“
Die wochenlange Gefangenschaft in den Katakomben eines Therapiezentrums für Kriegsveteranen hat bei Niels Oxen Spuren hinterlassen. Nicht nur, dass er bei der Polizeiaktion zu seiner Befreiung einen Schuss abbekommen hatte, setzt ihm noch zu, sondern auch der Umstand, dass er erstmal in seinem Leben gezwungen war, zu töten, um zu überleben, ganz zu schweigen von den Misshandlungen, die er über sich ergehen lassen musste. Oxen war eines der Opfer einer ebenso skandalösen wie ertragreichen Unternehmung, bei der steinreiche Gäste nicht nur jede Art von sexuellen Gelüsten befriedigt bekamen, sondern auch bei Käfigkämpfen zwischen gefangenen Männern auf den Mann setzen konnten, der seinen Kontrahenten tötete. 
Um Abstand zu den Ereignissen zu gewinnen, begibt sich Oxen auf eine Pilgerreise und setzt schließlich alles daran, den Kontakt zu seinem fünfzehnjährigen Sohn Magnus zu vertiefen. Mit der Aufklärung der Heckenschützenmorde an den Veteranen befasst sich auch Margarethe Franck beim dänischen Geheimdienst PET, doch wird sie von Chiefinspektor Worre, dem Leiter der operativen Abteilung nach Rücksprache mit Salomonsen zurückgepfiffen, obwohl noch einer der Heckenschütze frei herumläuft und zwei weitere Beteiligte mit einer Löwen- und einer Mandrill-Maske ebenfalls auf freiem Fuß sind. 
Dass sich Franck damit nicht abfinden will, endet mit ihrer Suspendierung, aber ihr ehemaliger Chef, Axel Mossman, heuert sie für einen Spezialauftrag rund um eine Transaktion zwischen der dänischen Steuerbehörde und einem Kurier, der geleakte Daten aus einem Steuerparadies zum Verkauf anbietet. Als bei dem Treffen auf den Amerikanischen Jungferninseln Schüsse fallen, wird der Deal auf dänischen Boden verlegt. 
Mit von der Partie sind nicht nur Oxen, sondern auch die fähige Polizistin Sally Finnsen aus der Fahndungsabteilung der Polizei in Kopenhagen, die maßgeblich bei der Befreiung von Niels Oxen aus dem Keller des Therapiezentrums beteiligt war und dort auch ihren Bruder Nikolai verlor, der dort ermordet und dann in einem Massengrab verscharrt worden war. Es stellt sich bald heraus, dass die Affäre um die Steuerhinterziehung mit den Vorgängen im Therapiezentrum zusammenhängen. Unklar ist nur, welche Rollen die CIA und der undurchsichtig agierende Mossman dabei spielen… 
Jens Henrik Jensen ist mit dem sechsten „Oxen“-Band wieder ein äußerst spannender Thriller gelungen, der erst einmal die Ereignisse aus dem Vorgängerband „Noctis“ aufarbeitet und so auch den Leser:innen die Möglichkeit bietet, sich auch dann in die Geschichte einzufinden, die den fünften Band nicht gelesen haben. Doch mit Francks Suspendierung und Mossmans ungewöhnlichen Auftrag, die sichere Übergabe der sogenannten Precious Papers mit den geleakten Daten aus Panama zu gewährleisten, kommt auch die Action ins Spiel, wobei prominente Dänen alles daransetzen, ihre Namen aus den Unterlagen herausstreichen zu lassen. 
Das Katz-und-Maus-Spiel mit der CIA verläuft zwar in vorhersehbaren Bahnen, dafür bleibt Mossmans Rolle in dem Spiel lange Zeit undurchschaubar, was Franck, Oxen und Finnsen fast zur Verzweiflung treibt. Jensen schafft dabei zum Glück genügend Raum, um auch die emotionalen Befindlichkeiten seiner Protagonist:innen zu beleuchten und ihnen so jene Tiefe zu verleihen, dass sie die Empathie und Sympathie des Publikums ansprechen. So muss ein moderner Thriller gestrickt sein!  

Jens Henrik Jensen – (Oxen: 4) „Lupus“

Sonntag, 15. März 2020

(dtv, 608 S., Pb.)
Nachdem der ehemalige, mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnete Elite-Soldat Niels Oxen zusammen dem ehemaligen PET-Geheimdienstchef Axel Mossman, dessen Neffen Christian Sonne und dessen Mitarbeiterin Margarethe Franck dabei half, den mächtigen Geheimbund Danehof zu zerschlagen, will sich Oxen zunächst um eine Annäherung zu seinem 14-jährigen Sohn Magnus kümmern, doch die gemeinsamen Besuche im Kopenhagener Zoo an den Wochenenden tragen nicht wirklich dazu bei. Auch seine regelmäßigen Termine bei einer Psychologin im Veteranenzentrum der Armee schaffen keine Abhilfe gegen Oxens Unwillen, Veranstaltungen mit größerem Menschenaufkommen zu besuchen, und andere Folgen seiner posttraumatischen Belastungsstörung. Eines Tages kommt Mossman zu Besuch, der jetzt einer eigenen Kommission vorsitzt und bei der Durchforstung der Danehof-Archive auf weiteres Unheil gestoßen ist, das sich zwar erst als undeutlicher Schatten abzeichnet, aber der anglizistisch veranlagte Mossman würde seinen „black knight in shining armour“ gern nach Jütland schicken, um auf einem abgelegenen Bauernhof einige Voruntersuchungen anzustellen.
Er macht Oxen den Ausflug nach Harrildholm mit der Aussicht schmackhaft, dass er auf dem Weg dahin auch das Haus in Brande besuchen könnte, wo er einst bei der Fischzucht gearbeitet hatte, um mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit abschließen zu können. Trotz seiner Absicht, nicht mehr für Mossman arbeiten zu wollen, ist Oxen nicht abgeneigt, nach dem vermissten Poul Hansen in der Harrilder Heide zu suchen, zumal in der Gegend nach zweihundert Jahren wieder Wölfe gesichtet worden sind, die Oxen schon immer fasziniert haben. Sein Sohn, der er mitgenommen hat, wird bei der ersten Besichtigung des Hofes Zeuge, wie sein Vater einen Einbrecher ausschaltet, und wenig später überschlagen sich die Ereignisse, bei denen Mossman und Oxen einer Organisation namens Lupus auf die Spur kommen, die die Justiz immer dann selbst in die Hand nimmt, wenn die staatliche Rechtsprechung zu versagen scheint. Und die Hinweise führen auch zwölf Jahre zurück, als Margarethe Franck nach einem Banküberfall den vermeintlichen Fahrer des Fluchtwagens erschoss und dabei ihr Bein verlor …
„Dort draußen waren Schatten. Schatten, die Risiken eingingen. Lupus-Schatten, die bis in Mossmans Anfangsjahre zurückreichten, vage Spuren eines feuchtfröhlichen Sommerabends unter Polizisten, auf einem Gartenfest in Roskilde … Und Jahre später auf einer Geburtstagsfeier im Søpavillon. Schatten, deren Existenz nur durch einen kleinen Fetzen Papier in den Hinterlassenschaften eines ehemaligen PET-Chefs angedeutet wurde, auf dem ein Millionenbetrag notiert worden war.“ (S. 298) 
Jens Henrik Jensen hat viele Jahre lang als Journalist in seiner dänischen Heimat gearbeitet und 1997 seinen Debütroman „Wienerringen“ veröffentlicht, bevor er sich seit 2015 ganz auf das Schreiben von Büchern verlegte. Mit seiner zwischen 2012 und 2016 erschienenen Trilogie um den hochdekorierten Ex-Jäger-Soldaten Niels Oxen hat Jensen schließlich auch international die Bestseller-Listen gestürmt und verständlicherweise weiterhin Lust gehabt, die Geschichte um seinen interessanten Protagonisten weiterzuerzählen.
Auch wenn der mächtige Danehof durch das beherzte Zusammenwirken von Mossman, Franck, Oxen und Sonne demaskiert und zerstört werden konnte, sind die staatsfeindlichen Kräfte in Dänemark natürlich nicht ausgemerzt. Der „Lupus“-Fall vereint nicht nur die Faszination für die in die Harrilder Heide zurückgekehrten Wölfe mit der nach dem Canis Lupus benannten Organisation, sondern versucht zumindest ansatzweise die persönliche Entwicklung des traumatisierten Ex-Elitesoldaten zu charakterisieren. Allerdings belässt es Jensen hier bei unbefriedigenden Ansätzen und konzentriert sich schnell auf die zunehmend komplexer werdenden Ereignisse auf dem verlassenen, aber von Kameras überwachten Hof in Mitteljütland. Hier erweist sich einmal mehr die Stärke des Autors. Während seine Figuren zwar an sich interessant sind, aber kaum tiefergehend charakterisiert werden, versteht er es meisterhaft, verschiedene zunächst unabhängig voneinander beobachtete Ereignisse nach und nach miteinander zu vernetzen. Mossman bleibt dabei so undurchsichtig wie eh und je, wobei seine ständig eingeworfenen Anglizismen auch schon nerven. Am meisten gewinnt noch Margarethe Franck an Profil, wenn die Ereignisse rekapituliert werden, unter denen sie ihr Bein verlor.
Spannung generiert „Lupus“ aber vor allem aus den wieder bis in die höchsten Polizeidienststellen reichenden Verwicklungen, die in professionell ausgeführten Selbstjustiz-Aktionen münden. Jens Henrik Jensen versteht es dabei, gesellschaftspolitisch relevante Themen fundiert aufzuarbeiten – wobei ihm sein journalistischer Hintergrund sicherlich förderlich ist – und diese in packende Thriller-Unterhaltung zu verpacken. An der Konturierung und Entwicklung seiner Figuren sollte Jensen aber noch arbeiten.
Leseprobe Jens Henrik Jensen "Lupus"

Jens Henrik Jensen – (Oxen: 3) „Gefrorene Flammen“

Dienstag, 23. Oktober 2018

(dtv, 592 S., Pb.)
Nachdem er sich von dem versuchten Attentat auf ihn bei einer Ärztin auf den Schären erholt hat, sinnt der ehemalige Elite-Soldat Niels Oxen auf Rache, denn er will nicht weiter auf der Flucht vor seinen Verfolgern sein, die der mächtige Danehof auf ihn angesetzt haben, will von den Verleumdungen freigesprochen werden und vor allem seinen Sohn Magnus wieder in die Arme schließen können. Doch dazu ist er auf Hilfe angewiesen.
Als er Margrethe Franck aufsucht, die ihm als Mitarbeiterin des dänischen Geheimdienstes PET im Kampf gegen den Danehof zur Seite stand, erfährt er allerdings, dass sie nicht mehr beim PET angestellt ist, sondern schlecht bezahlten Jobs bei einer Reinigungsfirma und als Kassiererin bei Netto nachgeht. Offenbar haben die weitreichenden Beziehungen des Danehof dafür gesorgt, dass die ehemalige Agentin keinen vernünftigen Job mehr bekommt.
Ähnlich ergeht es dem ehemaligen Polizisten Christian Sonne, Neffe des ehemaligen PET-Chefs Axel Mossman, der offiziell aus Gesundheitsgründen frühzeitig in Rente gehen musste. Doch im Keller seines Hauses arbeitet Mossman weiterhin akribisch an der Aufdeckung der kriminellen Verschwörung, die hinter dem Danehof steckt. Doch dafür muss er erst einmal die Schlüsselfiguren identifizieren, die aus den wichtigsten Vertretern der dänischen Wirtschaft und Politik stammen. Während Oxen die Leiter von Danehof Süd und Nord, Villum Grund-Löwenberg und Kajsa Corfitzen, abhören lässt, die offenbar daran arbeiten, dem von Danehof Ost geführten Unternehmen neue Strukturen zu verleihen, geht Franck einer Spur in Spanien nach, die sich dank Francks längst nicht eingerosteter Ermittler-Fähigkeiten als sehr ergiebig erweist. Doch bis alle losen Enden zusammengeführt werden können, muss auch die dänische Justizministerin Helene Kiss Hassing ins Boot geholt werden …
„Es war wie ein Hürdenlauf. An Hindernisse waren sie gewöhnt. Doch jetzt kam es ihnen vor, als wären sie mitten im Sprung eingefroren, in der Bewegung erstarrt. So hingen sie jetzt in der Luft. Sie waren nicht gescheitert. Aber sie hatten die Hürde nicht genommen. Der Film stand ganz einfach still.
Keiner wusste, wie sie jetzt weiter vorgehen sollten. Die Handlungen und Motive deuteten in unterschiedliche Richtungen.“ (S. 468) 
Obwohl der langjährige dänische Journalist Jens Henrik Jensen bereits 1997 seinen Debütroman und seither eine Vielzahl weiterer Spannungsromane veröffentlicht hat, ist er hierzulande erst durch die in den Jahren 2012 bis 2016 entstandene Oxen-Trilogie bekannt geworden, deren letzten Band der nun mit „Gefrorene Flammen“ vorliegt. Während sich die ersten beiden Bänden vor allem um den von seinen Kriegserlebnissen traumatisierten Elite-Soldaten Niels Oxen gedreht haben, der per Zufall in ein Mordkomplott verwickelt wird und deshalb von der Bildfläche verschwinden muss, hat sich im dritten Band der Fokus auf den ehemaligen PET-Chef Axel Mossman verschoben, der die Operation zur Aufdeckung der Danehof-Machenschaften anführt und dabei seinen Mitstreitern Oxen, Franck und Sonne auch mal die eine oder andere Information vorenthält.
Jensen lässt auf den ersten Seiten noch einmal die wesentlichen Ereignisse Revue passieren, die Oxen überhaupt auf die Spur des Danehofs gebracht haben, aber auch im weiteren Verlauf des Romans werden immer wieder wichtige Informationen über die Geschichte des mächtigen Netzwerks und seiner meist geschickt getarnten Verbrechen eingestreut. Minutiös beschreibt Jensen die einzelnen Operationen, mit denen Mossman seine Team-Kollegen betraut, der Autor gibt sich aber auch viel Mühe mit der Charakterisierung seiner charismatischen Figuren, die jeweils eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht haben.
Während Oxen bereits zu Beginn des ersten Bandes („Das erste Opfer“) als gestrauchelter Kriegsheld eingeführt worden war, der vor allem seinem Hund Mr. White verbunden ist, verfügten Mossman und Franck noch über eine erfolgreiche berufliche Karriere beim Geheimdienst, Sonne bei der Polizei. Am Ende des zweiten Bandes („Der dunkle Mann“) konnte Oxen gerade so einem Attentat entkommen, während Mossman, Franck und Sonne Abschied von ihren Jobs nehmen mussten. Wie sich dieses Quartett im nun vorliegenden Band zusammenrauft und voller Tatendrang gegen den Danehof ermittelt, um auch den eigenen Ruf wieder herstellen zu können, zählt zu den großen Stärken von „Gefrorene Flammen“.
In leicht verständlicher Sprache thematisiert Jensen die Gier nach Macht und die kriminellen Energien, mit denen diese gewonnen und verteidigt wird. Aber die Trilogie ist auch ein Plädoyer für Loyalität, Mut und dem unbändigen Willen, für die gerechte Sache zu kämpfen. Für diesen Kampf hat Jensen mit Niels Oxen, Axel Mossman und Margrethe Franck drei außergewöhnliche Charaktere geschaffen, die uns sicher auch nach Abschluss dieser Trilogie noch begleiten werden, denn Jensen ist Oxen so sehr ans Herz gewachsen, dass er bereits einen vierten Band in Aussicht gestellt hat.
Leseprobe Jens Henrik Jensen - "Oxen: Gefrorene Flammen"

Jens Henrik Jensen – (Oxen: 2) „Oxen - Der dunkle Mann“

Montag, 19. März 2018

(dtv, 509 S., Pb.)
Niels Oxen darf sich als einziger dänischer Elite-Soldat damit rühmen, nicht nur diverse Tapferkeitsmedaillen, sondern auch das Tapferkeitskreuz erworben zu haben, bevor er am 01.01.2010 aus der Armee ausgeschieden ist. Seither leidet Oxen unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und versucht, den Rest seines Lebens möglichst unbemerkt zu verbringen. Als allerdings sein Hund ermordet wurde, führte ihn die Suche nach dem Täter zum Schloss Nyborg, wo seit dem Mittelalter der einflussreiche Danehof die Geschicke des Landes leitete.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Mord an dem einflussreichen Vorsitzenden eines dänischen Thinktanks stieß er mit Margrethe Franck, Agentin des dänischen Geheimdienstes PET, auf die Tatsache, dass der allseits beliebte dänische Justizminister Ulrik Rosborg doch nicht der liebende Familienvater und Saubermann ist, für den ihn alle halten, sondern dabei gefilmt worden ist, wie er ein litauisches Mädchen bei Sex erwürgt.
Oxen hat sich anschließend in eine jütländische Waldhütte zurückgezogen, wo er dem alten Johannes bei der Fischzucht und Waldarbeit aushilft. Als der Museumsdirektor Malte Bulbjerg durch Schüsse in die Stirn und ein Auge getötet im Schloss aufgefunden wird, erwacht bei PET-Chef Axel Mossman erneut das Interesse an Oxen, doch so sehr Margrethe Franck noch einmal Oxens persönliches Umfeld durchleuchtet, bleibt der introvertierte Ex-Elitesoldat wie vom Erdboden verschluckt.
Währenddessen versucht der stellvertretende Polizeidirektor und Leiter des Morddezernats, H. P. Andersen, den Mord an Bulbjerg aufzuklären, der in letzter Zeit wohl immer mehr dem Glücksspiel verfallen war und bei dessen Leiche ein Tütchen Kokain gefunden wurde. Leider sickern interne Erkenntnisse an die Medien, außerdem bieten die verdeckt agierenden, vom elitären Danehof-Zirkel engagierten Söldner 30.000 Kronen für sachdienliche Hinweise. Schließlich gelingt es Franck und dann auch Mossman, Oxen doch noch aufzufinden, aber da der Danehof plant, Rosborg zu eliminieren, droht Oxens Überlebens-Police mit dem kompromittierenden Video wertlos zu werden. Oxen muss sich entscheiden, ob er nicht nur Franck, sondern auch Mossman vertrauen kann, um dem Danehof endgültig das Handwerk zu legen.
„Das Material bot einen kleinen Einblick in ein einzigartiges Machtgefüge, das die Jahrhunderte überdauert hatte. Es hatte manchmal Unterbrechungen gegeben, und die Struktur hatte sich verändert. Aber der Danehof war immer noch da und bedeutete eine latente Gefahr für jeden, der ihm in die Quere kam. Der Danehof war ein schlummernder Virus, intakt und nach all den Jahren immer noch tödlich.“ (S. 196f.) 
Mit dem hochdekorierten, aber traumatisierten und zurückgezogen lebenden Ex-Elitesoldaten Niels Oxen hat der dänische Schriftsteller Jens Henrik Jensen eine faszinierende Figur geschaffen, dessen ausgeprägten Talente nach wie vor wertvoll für den Geheimdienst sind. „Das erste Opfer“, Band 1 der „Oxen“-Trilogie, bezog seine Spannung weitgehend aus der Frage, inwieweit Oxen dem PET-Chef Mossman trauen kann oder nur als Spielball der Geheimdienstinteressen benutzt wird. Diese Frage schwebt auch über der Handlung des Nachfolgebandes „Der dunkle Mann“, wobei Jensen zunächst etliche geheimnisvolle Handlungsstränge mit anonymisierten Figuren entwirft, die erst nach und nach aufgelöst und zusammengeführt werden. Der Autor beschränkt sich dabei zunächst mehr auf ausgiebige Beschreibungen der jeweiligen Settings als seinen Figuren Charakter zu verleihen. Wieder sind es vor allem Niels Oxen und Margrethe Franck, die überhaupt etwas an Profil gewinnen. Aber sobald die Jagd durch den Danehof auf Oxen eröffnet wird, zieht die Spannung deutlich an, gewinnt die Handlung an Tempo und Struktur, werden Motivationen deutlicher herausgearbeitet.
Im furiosen Finale werden einige interessante Weichen für den Abschluss der Trilogie gestellt, der unter dem Titel „Gefrorene Flammen“ für September angekündigt ist.  
Leseprobe Jens Henrik Jensen - "Der dunkle Mann"

Jens Henrik Jensen – (Oxen: 1) „Oxen – Das erste Opfer“

Freitag, 8. September 2017

(dtv, 461 S., Pb.)
Der ehemalige, höchstdekorierte Elitesoldaten Niels Oxen will aussteigen. Das Ziel seines neuen Lebens findet er in einem Zeitungsartikel: In dem riesigen Wald Rold Skov richtet er sich mit seinem Samojedenhund Mr White einen Unterschlupf ein und sieht sich neugierig am herrschaftlichen Schloss Nørlund Slot um. Dort bemerkt er zunächst einen im Baum erhängten Schäferhund, wenig später schon ist Oxen Hauptverdächtiger in einem Mordfall: Der Exbotschafter und einflussreiche Vorsitzende eines dänischen Thinktanks, Hans-Otto Corfitzen, wird in seinem Arbeitszimmer tot aufgefunden. Sein Tod scheint in Zusammenhang zu stehen mit weiteren mysteriösen Todesfällen, bei denen ebenfalls jeweils ein Hund ums Leben kam.
Nachdem Otto von Kriminalhauptkommissar Rasmus Grube, Polizeipräsident Max Bøjlesen und vom Chef des Inlandsnachrichtendienstes, Axel Mossman, zu seinem Aufenthalt am Schloss verhört worden ist, erhält er von Mossman das ungewöhnliche Angebot, für ihn auf eigene Faust in dem Fall zu ermitteln. Allerdings hat Oxen kaum eine andere Wahl. Um nicht selbst für die Morde zur Verantwortung gezogen zu werden, sammeln Oxen und Mossmans Assistentin Margrethe Franck zunehmend brisantere Informationen, die bis ins dänische Herrschaftsgefüge des Mittelalters zurückreichen und auch die heutige politische Elite schwer belasten.
„Jetzt wäre er gern woanders. Ohne all die Fragen, die wie Wespen in seinem Kopf herumschwirrten und ihn nicht in Ruhe ließen. Aber das ging nicht. Er konnte nicht einfach seinen Rucksack packen und verschwinden.
Erst musste er der Sache auf den Grund gehen. Das war er Mr White schuldig – und sich selbst. Wenn er nicht herausfand, was hinter dem Ganzen steckte, würden sie ihn zur Schlachtbank zerren.“ (S. 184) 
Skandinavische Autoren wie Henning Mankell, Hakan Nesser, Stieg Larsson und zuletzt der Däne Jussi Adler-Olsen sind seit den 1990er Jahren aus den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Mit Jens Henrik Jensen hat dtv, wo auch die Werke von Adler-Olsen verlegt werden, einen weiteren potentiellen Star an Land gezogen, nachdem dessen „Oxen“-Trilogie in seiner Heimat seit 2012 so erfolgreich gewesen war, dass bereits die Filmrechte verkauft worden sind.
Mit „Das erste Opfer“ erscheint nun der erste Teil der Trilogie um den Ex-Elitesoldaten Niels Oxen auch in deutscher Sprache. Was der höchstdekorierte Elitesoldat bei seinen oft traumatischen Auslandseinsätzen in Bosnien, Afghanistan, im Irak und Kosovo erlebt hat, wird in kurzen Flashbacks zusammengefasst, aber was den Menschen Niels Oxen ausmacht, wird eher durch die Beziehung zu seinem Hund und dem sehr zurückhaltenden und wortkargen Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen deutlich.
Die Erfahrung hat ihn gelehrt, niemandem zu vertrauen, und so dauert es eine Weile, bis er sich der ebenfalls versehrten, ihm zugeteilten Partnerin Margrethe Franck, etwas öffnen kann. Wie die beiden während ihrer spannenden Schnitzeljagd auf immer heiklere Dokumente stoßen, die zu einer im Danehof gipfelnden Machtelite zurückführen, die wie ein Geheimbund seit dem Mittelalter die Geschicke des Landes beeinflusst hat, liest sich wie ein politischer Actionthriller, bei dem die sympathischen Protagonisten einem gewaltigen Komplott auf der Spur sind, das bis in die höchsten politischen Kreise führt.
Bei der turbulenten und temporeichen Suche nach weiteren Spuren und Beweisen bleibt die Charakterisierung vieler Figuren eher skizzenhaft. Allein bei Oxen und Franck hat sich der Autor merklich Mühe gegeben, charakteristische Züge zu entwickeln. Weitaus mehr Energie verwendete Jensen darauf, eine Reihe von außergewöhnlichen Todesfällen in einen verschwörerischen Thriller zu betten, in dem es vor allem um Macht, Gewalt und Vertuschung geht.
Auf die nachfolgenden Bände „Der dunkle Mann“ (für März 2018) und „Gefrorene Flammen“ (August 2018) darf man sehr gespannt sein!