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Jilliane Hoffman – (C.J. Townsend: 4) „Nemesis“

Dienstag, 26. März 2019

(Wunderlich, 524 S., HC)
Als die New Yorker Studentin Lana mit drei weiteren Mädchen aus ihrem Wohnheim in Miami Urlaub macht und sich schon zu langweilen beginnt, freut sie sich über einen Tinder-Match mit dem 30-jährigen Business-Manager Reid. Er lädt sie in seiner Mercedes-Benz-Stretch-Limo zu einer exklusiven Party ein, die sich für Lana allerdings zu einer Todesfalle erweisen soll. Als ihre kopflose Leiche auf einer Mülldeponie in Südflorida gefunden wird, erfährt die Staatsanwältin C.J. Townsend durch einen früheren Kollegen ihres Mannes Dominick Falconetti bei der Cupido-Taskforce von dem Vorfall, der böse Erinnerungen an William „Cupido“ Bantling bei ihr wachruft.
Bantling hat nicht nur Townsend als 25-Jährige vergewaltigt und ihr Leben in den vergangenen zwanzig Jahren zur Hölle gemacht, sondern noch elf Frauen sexuell misshandelt und getötet. Nach einer zehnjährigen Auszeit ist sie vor zwei Jahren dem Ruf ihres alten Freundes Lou Todd zurück nach Miami gefolgt, wo sie als Chief Assistant State Attorney rund 250 Anwälte zu managen und ihre eigenen Fälle zu verhandeln hat. Cupido wurde 2015 für seine grausamen Taten zum Tode verurteilt, konnte aber bei seiner Überstellung vom Florida State Prison nach Miami, wo er als Zeuge in einem Prozess aussagen sollte, während eines Hurrikans fliehen. Offiziell ist Bantling weiterhin auf der Flucht, nur C.J. Townsend weiß es besser, denn sie hat ihn getötet.
Doch der sadistische Club, dem Bantling damals angehörte, treibt noch immer sein Unwesen, wie das Brandzeichen auf der Schulter des jüngsten Opfers beweist. Vor seinem Tod hatte Bantling Townsend noch die Zugangsdaten und eine Liste der Namen übergeben, die dem elitären Club angehören, dessen prominente Mitglieder vor laufenden Kameras beobachten, wie junge Mädchen gefoltert, vergewaltigt und getötet werden. Townsend, die mit ihrem Mann Dominick auch ihre Beziehung und noch eine Adoption auf die Reihe bekommen will, macht sich auf eigene Faust auf die Jagd nach den Bestien und schert sich dabei nicht um eine gesetzeskonforme Vorgehensweise …
„Manche Rollen waren die Nietenjobs, die sonst keiner wollte. Aber sie mussten trotzdem übernommen werden, damit die Gesellschaft funktionierte. Irgendwer musste den Dreck wegräumen, den Tatort reinigen, den Giftmüll entsorgen. C.J.s Rolle war es, für Recht und Ordnung zu sorgen. Niemand wollte tun, was sie tat, aber es musste getan werden.
Denn sonst, wenn niemand Vergeltung übte, würde die Welt im Chaos versinken.“ (S. 159) 
Nachdem C.J. Townsend ihrem Peiniger Bill Bantling vor mehr als zwanzig Jahren entkommen konnte, hat sich die taffe Staatsanwältin selbst zum Killer in eigener Sache entwickelt und sowohl den psychopathischen Psychiater Dr. Gregory Chambers als auch Bill Bantling getötet. Nun macht sie Jagd auf die weiteren gesellschaftlich hochgeschätzten Club-Mitglieder aus Politik, Sport, Justiz, Wirtschaft und Showgeschäft. Ihre eigene Geschichte macht dieses fragwürdige Selbstjustiz-Szenario zwar plausibel, doch die Ausführung des Rachefeldzugs beschreibt die ehemalige Staatsanwältin Hoffman schon nicht mehr so glaubwürdig. Nichtsdestotrotz ist dieses Katz-und-Maus-Spiel höchst spannend inszeniert, denn mittlerweile befindet sich ein weiteres Mädchen in der Gewalt des elitären Clubs, den Townsend von innen heraus zerstören will. Townsends private Angelegenheiten kommen dabei etwas kurz, und die Adoption des noch ungeborenen Kindes einer Meth-Süchtigen wirkt nicht besonders überzeugend. Hoffman versteht es allerdings, in ihrer schnörkellosen Sprache den Leser mitzureißen und ihn bei ihrer Jagd nach den Peinigern junger Frauen bis zum Schluss mitfiebern zu lassen.
  Leseprobe Jilliane Hoffman - "Nemesis"

Jilliane Hoffman – (Bobby Dees: 2) „Insomnia“

Samstag, 24. Dezember 2016

(Wunderlich, 477 S., HC)
Als Virginia Knight ihre 17-jährige Tochter Mallory beim Broward Sheriff’s Office als vermisst meldet, als sie nach einer Party nicht nach Hause gekommen ist, gerät zunächst ihr Freund Tyler Armstrong ins Visier der Ermittlungen. Doch als Mallorys mit Blut besprenkelte Jacke und Handy in einem abgelegenen Waldstück gefunden werden, sieht FDLE Special-Agent Bobby Dees bei der Crimes Against Children Squad sofort einen Zusammenhang mit einer ganzen Reihe von Morden an Mädchen, denen Mallory verblüffend ähnlich sieht.
In den Medien wird der Killer, der seinen Opfer über Landesgrenzen hinweg und über einen längeren Zeitraum nachstellt und sie mit seinen Werkzeugen zu Tode foltert, als Hammermann bezeichnet. Als Mallory zwei Tage später in einer Biker-Bar in Süd-Florida wieder auftaucht, behauptet sie, dem Hammermann entkommen zu sein. Doch weder Dees noch seine Kollegen von der Taskforce in Jacksonville können Verbindungen zu den Fällen in Orlando, Nord-Florida und Georgia knüpfen, an denen der Hammermann bislang gewirkt hat. Tatsächlich hat sich Mallory allerdings zwei Tage lang versteckt, um dem Zorn ihrer Mutter zu entkommen. Durch ihre Lügengeschichte ist Mallory gezwungen, die Stadt zu verlassen. Vier Jahre später studiert sie als Callie Monahan Jura an der Universität von Tallahassee und gelangt diesmal tatsächlich in die Gewalt des Killers, doch Bobby Dee und sein junger Kollege Colton Beck setzen alles daran, dem Treiben des Hammermanns endlich ein Ende zu setzen.
„Jeder Tag war ein Rennen gegen die Zeit, auf der Suche nach einem gesichtslosen Sadisten, der wieder zuschlagen würde, so sicher, wie morgens die Sonne aufging. (…) Man versuchte nicht obsessiv zu werden, aber es war unmöglich. Denn tief drinnen wusste man, egal wie sorgfältig, egal wie engagiert, egal wie fleißig man war – egal wie gut man in seinem Beruf war, trotzdem trug man die Verantwortung für das Gemetzel, wenn man es nicht endlich aufhielt.“ (S. 201) 
Als ehemalige Staatsanwältin in Florida kennt Jilliane Hoffman das Metier, über das sie schreibt, und mit Cupido, Picasso und Morpheus hat die Autorin bereits einige illustre Serienkiller geschaffen, die mit ihrem Treiben die internationalen Bestsellerlisten geprägt haben. Doch wie viele ihrer KollegInnen kämpft auch Hoffman mittlerweile mit dem Problem, dem Serienkiller-Genre neue Facetten abgewinnen zu können. Mit ihrem mittlerweile siebten Roman „Insomnia“ gelingt es ihr allerdings nicht mal im Ansatz. Nach einer wenig interessanten Einführung in die Psyche des Killers präsentiert Hoffman einen Plot, der weder besonders glaubwürdig, noch irgendwie spannend ist. Die oberflächlichen Charakterisierungen nicht nur der weiblichen Hauptfigur, sondern auch der involvierten Kriminalbeamten, tragen nicht dazu bei, Sympathien für die tragische Heldin zu entwickeln oder der Jagd auf den Hammermann mit Interesse zu folgen.
„Insomnia“ wirkt erschreckend ambitionslos, in einfacher Sprache wie am Reißbrett konstruiert und mit den obligatorischen Wendungen im Finale versehen, die der unglaubwürdigen Story letztlich den Rest geben.
Leseprobe Jilliane Hoffman - "Insomnia"

Jilliane Hoffman – „Samariter“

Samstag, 25. Juli 2015

(Wunderlich, 479 S., HC)
Die Überraschungsparty, die Nick „Big Mitts“ Lavecki für seine Frau Charity zu ihrem dreißigsten Geburtstag veranstaltet hat, wird Charitys Schwester Faith Saunders lange in Erinnerung bleiben. Obwohl Nick sie erst am Sonntagmorgen eingeladen hatte, hat sich Faith mit ihrer vierjährigen Tochter Maggie von Parkland aus die 250 Kilometer auf den Weg nach Sebring gemacht, wo sie am Abend wieder einmal feststellen durfte, dass Nick ein ausgemachtes Arschloch ist, der sich vor aller Augen an andere Frauen heranmacht. Allerdings hält Charity nach wie vor zu ihrem Mann, so dass es nicht nur zu einem Streit zwischen den Schwestern kam, sondern Faith mit Maggie trotz der Orkanwarnung überstürzt aufgebrochen ist.
Faith spielt das Drama auf dem Rückweg noch einmal in ihrem Kopf ab, als sie merkt, dass sie etwas angefahren hat, doch als sie aussteigt, kann sie nichts entdecken. Offensichtlich hat sie sich aber verfahren. Als Faith bei starkem Regen in der Ferne eine Leuchtreklame und damit ein Zeichen von Zivilisation entdeckt, fällt ihr zunächst ein Stein vom Herzen, doch dann klopft plötzlich eine Frau um Hilfe bittend an ihr Fenster. Statt diesem Hilferuf nachzukommen, verschließt Faith die Türen und beobachtet nur noch, wie zwei Männer die junge Frau wegführen. Erst als Maggie den Vorfall ihrem Vater Jarrod schildert, meldet sich Faith bei der Polizei, die endlich einen Hinweis auf den Serienmörder bekommen, den die Polizei als Derrick Poole identifiziert. Doch als die 17-jährige Noelle Langtry verschwindet, kann Poole, der von der Detective Bryan Nill unter Beobachtung steht, nichts mit ihrer Entführung zu tun haben. Faith ist von den Vorgängen so traumatisiert, dass sie sich niemandem anzuvertrauen vermag, weder ihrem Mann Jarrod, dem sie seine Affäre mit einer jungen Anwaltsgehilfin noch nicht verziehen hat, noch ihrer Geschäftspartnerin und Freundin Vivian oder Detective Nill.
„Es war Zeit, reinen Tisch zu machen und das schreckliche Chaos aufzuräumen, das sie zu ersticken drohte, das jeden Aspekt ihres Lebens vergiftete und mit all den Lügen jeden ihrer Gedanken verschlang. Sie musste das Richtige tun, egal mit welchen Konsequenzen sie zu rechnen hatte. Sie musste tun, was sie konnte, um Poole und seinen Partner/Freund von der Straße zu bekommen, nicht nur, damit sie nachts wieder schlafen konnte, sondern auch wegen der anderen Frauen, denen die beiden in Zukunft weh tun würden.“ (S. 241) 
Doch die Möglichkeit, der Polizei alles zu erzählen, was sie gesehen hat, lässt Faith verstreichen. Stattdessen flüchtet sie sich immer mehr in den Alkohol und muss dabei zusehen, wie Jarrod sich immer weiter von ihr entfernt und ausgerechnet Poole tiefer in ihr eigenes Leben eindringt …
Die amerikanische Schriftstellerin Jilliane Hoffman weiß, wovon sie schreibt. Immerhin war sie Staatsanwältin Florida und unterrichtete die verschiedensten Spezialeinheiten der Polizei in allen juristischen Belangen. Gleich mit ihrem Romandebüt „Cupido“ eroberte Hoffman weltweit die Bestsellerlisten und ließ mit „Morpheus“, „Vater unser“, „Mädchenfänger“ und „Argus“ weitere Bestseller folgen. Dazu wird sich fraglos auch „Samariter“ gesellen.
Der Plot wirkt nicht immer unbedingt glaubwürdig, aber einer alkoholkranken Protagonistin, die weder mit ansehen kann, wie sich ihre geliebte Schwester an der Seite ihres widerwärtigen Ehemanns zugrunde richtet, noch die Affäre ihres Mannes zu verzeihen vermag, nimmt man einige merkwürdige Entscheidungen und Gedanken schon mal ab.
„Samariter“ – so der wenig schlüssige deutsche Titel der amerikanischen Originalausgabe von „All the little pieces“ – überzeugt ohnehin weniger auf der psychologischen Seite, sondern in dem rasant entwickelten Plot, der sich dank einer einfachen Sprache flüssig lesen lässt. Gerade die persönlichen Hintergründe der beiden Täter bleiben leider im Dunkeln, und Hoffman konzentriert sich so sehr auf ihre verkorkste Anti-Heldin, dass wenig Raum für die Nebenschauplätze und –figuren bleibt. Was an psychologischer Tiefe und Logik fehlt, macht die Autorin allerdings durch den temporeichen, durchweg spannenden Plot wieder wett. Das ist nicht die hohe Thriller-Kunst eines Don Winslow, Lee Child, Jeffery Deaver oder einer Patricia Cornwell und Kathy Reichs, aber durchaus kurzweilige Krimi-Unterhaltung.
Leseprobe Jilliane Hoffman - "Samariter"

Jilliane Hoffman – (Bobby Dees: 1) „Mädchenfänger“

Freitag, 3. September 2010

(Wunderlich, 461 S., HC)
Die 13-jährige Lainey Emerson ist von so ziemlich allem extrem angeödet: von ihrer Mutter, ihrem Bruder Brad, ihrer älteren Schwester Liza, ihrem Stiefvater und von der neuen Schule, an der sie noch keine richtigen Freunde gefunden hat. Dafür hat sie mit Zach einen echt coolen Football-Kapitän im Yahoo-Chatroom zum Film „Zombieland“ aufgetan, dem sie nach leichtem Zögern ein sexy Bild von sich mailt. Mit ihrer besten Freundin Molly hat Lainey Stunden zugebracht, um die Nägel, das Make-up und die Klamotten für das Shooting herzurichten. Im Chat hat Lainey angegeben, schon 16 zu sein, und offensichtlich findet Zach Gefallen an Lainey und ihrem Look. Entsprechend aufgeregt ist sie, als Zach sie für Freitag zu Kino und Essen einlädt, wovon sie ihrer strengen Mutter natürlich nichts sagen kann, also treffen sich die beiden heimlich an der Carol High School. Doch im Wagen ihres Schwarms erlebt das Mädchen eine böse Überraschung. Wenig später findet sie sich betäubt und gefesselt in der Wohnung ihres Entführers wieder.
Als Special Agent Supervisor Bobby Dees vom Florida Department of Law Enforcement über die Vermisstenanzeige informiert wird, hört sich zunächst alles nach einem typischen Ausreißer-Szenario an. Das Gespräch mit der Mutter ergibt nicht viel, umso mehr aber die Recherche an Laineys Computer. Laineys MySpace-Seite gibt mehr von ihr preis, als ihre Mom je von ihr wissen könnte. Schnell gerät der Stiefvater in Verdacht, auf dessen Computer sich Hinweise auf obskure Websites und aufreizende Fotos von jungen Mädchen befinden. Dann bekommt die Polizei das Foto eines Ölgemäldes zugeschickt, auf dem ein gefesseltes Mädchen mit ausgestochenen Augen zu sehen ist. Anhand der detaillierten Hinweise auf dem Bild wird das tote Mädchen in einem abbruchreifen Hotel gefunden, und der Mörder hat schnell den Namen „Picasso-Mörder“ weg. Das nächste Bild lässt nicht lange auf sich warten …
Mit nur drei Romanen hat sich Jilliane Hoffman in die Liga erstklassiger Thriller-Autorinnen à la Karin Slaughter, Tess Gerritsen und Patricia Cornwell geschrieben, nun schließt sie mit „Mädchenfänger“ nahtlos an ihre bisherige Klasse an. Mit der Entführung, Folterung und Tötung jugendlicher Mädchen hat sich die ehemalige Staatsanwältin aus Florida auch ein extrem grausames Thema ausgesucht, mit dem sie ihre Leser zu packen versteht. Abgesehen von der spannenden Story überzeugen vor allem die Charakterisierungen von Special Agent Bobby Dees und seiner Frau LuAnn, die durch den Fall auf beunruhigende Weise an das Verschwinden ihrer eigenen Tochter erinnert werden und befürchten müssen, dass sie ebenfalls dem Picasso-Mörder zum Opfer gefallen ist.

Jilliane Hoffman – „Vater unser“

Donnerstag, 17. Dezember 2009

(Wunderlich, 572 S., HC)
Seit fast einer Woche arbeitet Georgia Adams in der Nachtschicht der Notrufzentrale, als sie um Viertel vor fünf morgens den beunruhigenden Anruf eines kleines Mädchens annimmt, das leise schluchzend um Hilfe bittet und vermutet, dass „er“ zurückkommt. Dann ist es still in der Leitung. Als ein Streifenwagen vor dem entsprechenden Haus vorfährt, aus dem der Notruf kam, entdecken die Streifenpolizisten ein grausames Blutbad. Jennifer Marquette und ihre drei Kinder Emma, Danny und Sophie liegen ermordet in ihren Betten, Dr. David Marquette hat als Einziger das Massaker überlebt und wird auf die Intensivstation ins Krankenhaus gebracht. Er gilt schnell als Hauptverdächtiger, der sich als Chirurg die lebensgefährlichen Verletzungen selbst zugefügt haben soll.
Der resoluten Staatsanwältin Julia Valentine wird der Fall übertragen. Als sie das Band von dem besagten Notruf abhört, wird der Verdacht gegen den jungen Chirurgen untermauert. Doch bei der Suche nach einem Motiv und eindeutigen Beweisen tun sich die Ermittler schwer, allerdings entpuppt sich das Sperma auf Jennifers Nachthemd nicht als das ihres Mannes. Problematisch wird der Fall vor allem dadurch, dass Marquette französischer Staatsangehörigkeit ist und die Franzosen den Angeklagten vor der befürchteten Todesstrafe bewahren wollen. Dieser plädiert zudem auf Unzurechnungsfähigkeit, weil er schizophren sei …
Nach ihren ersten beiden Thrillern um den „Cupido“-Mörder William Bantling und die Staatsanwältin C.J. Townsend ist Jilliane Hoffman mit ihrem neuen Thriller zwar ihrer Heimat Miami treu geblieben, hat aber das spektakuläre Familienmassaker mit neuen Protagonisten besetzt. Dabei hat auch die neue Staatsanwältin eine Vergangenheit aufzuarbeiten, die ihr bei dem Fall in die Quere kommt. Außerdem spielen politische Ambitionen ebenso eine Rolle wie die interessante Frage nach der psychischen Struktur des Täters. Immer wieder tauchen neue Erkenntnisse und Vermutungen auf, die es bis zum Schluss offen halten, ob Marquette tatsächlich schizophren ist oder ein geschickter Blender … Hoffman erweist sich dabei erneut als souveräne Spannungsautorin, die zunächst einen interessanten Fall konstruiert und den Leser anschließend mit den Tücken des amerikanischen Justizsystems vertraut macht.

Jilliane Hoffman – (C.J. Townsend: 2) „Morpheus“

(Wunderlich, 400 S., HC)
Vor über drei Jahren versetzte der als „Cupido“ bekannte Serienkiller William Bantling ganz Miami in Angst und Schrecken. Doch Staatsanwältin C.J. Townsend, die zwölf Jahre vor der Mordserie in New York selbst Opfer einer Vergewaltigung durch Bantling wurde, setzte vor Gericht die Todesstrafe gegen Bantling durch, obwohl dieser erst durch einen anonymen Tipp und eine unrechtmäßige Fahrzeugkontrolle gefasst werden konnte.
Doch der Fall scheint noch nicht ganz abgeschlossen. Victor Chavez, der Streifenpolizist, der Bantling damals festgenommen hatte, wird bei einem Einsatz die Kehle durchgeschnitten, und zwar so grausam, dass er an seinem eigenen Blut erstickt, außerdem wird ihm die Zunge herausgeschnitten. Wenig später wird auch Chavez‘ Kollege, Officer Bruce Angelillo, hingerichtet, dann der City-Cop Sonny Lindeman. Die Presse hat für den Cop-Killer schnell einen Namen parat: „Morpheus“ – der Gott des Schlafes. Eine erste Spur führt zu Roberto Valle, der seit Jahren im Verdacht steht, in vielen seiner Hotels und Nachtclubs Geld zu waschen. Jeder der drei ermordeten Cops arbeiteten in verschiedenen Clubs, die Valle gehören. Während C.J.s Lebensgefährte, der FDLE-Special Agent Dominick Falconetti, in Richtung Drogen und Korruption ermittelt, macht sich bei der Staatsanwältin schnell ein ungutes Gefühl breit, das auf beunruhigende Weise bestätigt wird, als ihr von einem Unbekannten eine kleine Jadeskulptur der drei weisen Affen zugeschickt wird, eine Erinnerung an C.J.s früheres Leben, mit dem sich Bantling so gut auskannte. Ein weiterer Mord und ein Geständnis bringen den „Cupido“-Fall wieder vor Gericht. Wenn damals Beweismittel unrechtmäßig zutage gefördert wurden, droht Bantlings Freilassung …
Mit ihren zweiten Thriller nimmt Jilliane Hoffman den packenden „Cupido“-Fall ihres erfolgreichen Debüts erneut auf und lässt ihre Heldin weiter leiden. Erneut überzeugt die Story mit einer komplizierten Liebesgeschichte und einem spannenden Fall, der viele grausame Morde und interessante Wendungen bietet, aber nicht mehr ganz so stark von der inneren Zerrissenheit profitieren kann, die die Protagonistin in „Cupido“ prägte.

Jilliane Hoffman – (C.J. Townsend: 1) „Cupido“

(Wunderlich, 479 S., HC)
Im Juni 1988, vier Wochen vor ihrem New York State Bar Exam, besucht Chloe Larson mit ihrem Freund, dem vielversprechenden Anwalt Michael Decker, am Broadway „Das Phantom der Oper“, um ihren zweiten Jahrestag zu feiern. Doch der Abend wird ein Desaster. Michael erscheint erst zum letzten Akt des Musicals, schenkt seiner Freundin beim anschließenden Essen statt des erhofften Verlobungsrings eine goldene Halskette und schwafelt nur von seiner Arbeit.
Die folgende Nacht verbringt Chloe lieber allein, doch sehr bald bekommt sie ungebetenen Besuch von einem Einbrecher mit Clownsmaske, der sie fesselt und bis zum Morgen vergewaltigt. Als sie aus dem Krankenhaus mit der Nachricht entlassen wird, dass sie keine Kinder bekommen könne, sucht sich Chloe eine neue Wohnung in den North Shore Towers, schmeißt die Anwaltsprüfung, gibt die Beziehung zu Michael auf und nimmt eine Stelle als Telefonistin in einem Hotel an. Doch Chloes Vergewaltiger ist ihr immer noch auf den Fersen …
Zwölf Jahre unterstützt Chloe als Staatsanwältin C.J. Townsend Dominick Falconetti, Special Agent des Florida Department of Law Enforcement, und sein Team in der Sonderkommission „Die Mauer“, die es mit elf vermissten jungen Frauen zu tun hat, von denen mittlerweile neun verstümmelt und tot aufgefunden worden sind. Der Killer hat seine Opfer nicht versteckt, sondern sie für ihre Entdeckung sorgfältig inszeniert, sie aufgeschnitten und ihnen das Herz entnommen, sie auf jede erdenkliche Weise vergewaltigt und von der Sonderkommission wegen seiner Brutalität den Namen Cupido verpasst bekommen. Bei einer einfachen Verkehrskontrolle geht der Polizei Cupido ins Netz. William Bantling, so sein bürgerlicher Name, hat sein letztes ermordetes Opfer sogar noch im Kofferraum. Als Staatsanwältin C.J. Townsend dem mutmaßlichem Täter vor Gericht begegnet, nimmt sie schockiert die S-förmige Narbe an der Hand des Angeklagten zur Kenntnis und erkennt in Bantling jenen Mann wieder, der sie vor zwölf Jahren so brutal vergewaltigt hatte. Allerdings verjähren in New York Sexualdelikte nach fünf Jahren, so dass Bantling für Chloes Vergewaltigung nicht mehr belangt werden kann. Also macht sie sich auf die Suche nach weiteren Opfern des Vergewaltigers mit der Clowns-Maske, füttert die juristische Online-Datenbank mit entsprechenden Suchbegriffen und stößt tatsächlich auf ähnliche Fälle in anderen Staaten, in denen allerdings auch die Verjährungsfrist zur Strafverfolgung abgelaufen ist. Doch es kommt noch schlimmer. Da Bantlings Fahrzeugkontrolle unrechtmäßig war, droht der Fall vor Gericht durchzufallen. Doch erst als Bantling erkennt, wer die Todesstrafe für ihn beantragt, bekommt der Cupido-Fall eine ganze neue Wendung …
Mit ihrem ersten Thriller ist der ehemaligen stellvertretenden Staatsanwältin Jilliane Hoffman gleich ein großer Wurf gelungen. „Cupido“ überzeugt mit einem spannenden Plot, einer sympathischen Heldin, die zwischen persönlicher Rache und ihrer Verantwortung als Staatsanwältin abwägen muss, und einem wendungsreichen Justiz-Thriller-Setting, das den Leser bis zum Schluss in Atem hält.