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Michael Connelly – (Jack McEvoy: 3) „Tödliches Muster“

Montag, 14. März 2022

(Kampa, 474 S., HC) 
Durch seine mittlerweile mehr als 20-bändige und erfolgreich als Streaming-Serie von Amazon verfilmte Reihe um den LAPD-Detective Hieronymus „Harry“ Bosch ist Michael Connelly zu einem der wichtigsten Krimi-Autoren der Gegenwart avanciert. Etwas Abwechslung in sein literarisches Schaffen bringen seine sporadisch fortgeführten Serien um den Anwalt Mickey Haller und den Journalisten Jack McEvoy, jüngst auch Renée Ballard als junge Polizistin, deren Wege sich mit Harry Bosch mehr als nur kreuzen. Nach „Der Poet“, der im Original 1996 erschien, und dem 2011 veröffentlichten zweiten Band „The Scarecrow“, der zunächst als „Sein letzter Auftrag“ veröffentlicht wurde und nun von Kampa als „Die Vogelscheuche“ neu aufgelegt worden ist, erscheint wieder mehr als zehn Jahre später nun der dritte Band um den Journalisten Jack McEvoy. 
Mit seinen Büchern zu den Serienkillern „Der Poet“ und „Die Vogelscheuche“ hat sich der Journalist Jack McEvoy einen Namen machen können, doch sowohl sein Ruhm als auch seine Ersparnisse aus den Buchverträgen schmelzen dahin. Nachdem er für die „Los Angeles Times“ und den Blog „Velvet Coffin“ gearbeitet hat, schreibt McEvoy nun für das Online-Nachrichtenportal Fair Warning, dessen Gründer Myron Levin auch Chefredakteur, Reporter und Hauptspendenbeschaffer ist und das sich dem Verbraucherschutz verschrieben hat und vor allem Skandale in der Automobil-, Pharma- oder Tabakindustrie aufdeckt. 
Als McEvoys One-Night-Bekanntschaft Christina Portrero mit gebrochenem Genick ermordet aufgefunden wird, gerät der Journalist ins Visier der Ermittlungen der beiden LAPD-Detectives Mattson und Sakai. Als McEvoy auf eigene Faust Nachforschungen zu ihrem Fall anstellt, stößt er auf eine Atlantookzipitale Dislokation, eine sogenannte innere Enthauptung, bei die Wirbelsäule von der Schädelbasis getrennt wird, als Todesursache und versucht über die Website causesofdeath.net weitere Fälle in Erfahrung zu bringen. 
Dabei findet er heraus, dass es nicht nur mehrere Frauen gibt, die auf diese ungewöhnliche Art zu Tode gekommen sind, sondern dass sie auch noch ihre DNA zu einem preiswerten Analyseinstitut namens GT23 geschickt haben, um vor allem etwas über leibliche Eltern oder weitere Verwandten zu erfahren. Allerdings hat das Institut die Daten an anderen Firmen weiterverkauft, bei denen es offensichtlich Datenschutzlücken gibt. Bei Portreros Freundin Tina Hill kommt der Journalist nicht weiter, auch die Cops geben sich zugeknöpft. Zusammen mit seiner Kollegin Emily Atwater und seiner Ex-Geliebten Rachel Walling, die einst für das FBI arbeitete, macht sich McEvoy auf eine gefährliche Jagd nach einem Mann, der im Darknet als der Shrike bekannt ist … 
„Ich machte nur meine Arbeit, aber es störte mich, dass weder Hill noch Mattson das so sahen. Für sie war ich ein Störfaktor. Das bestärkte mich in meinem Entschluss herauszufinden, was mit Tina Portrero und den drei anderen Frauen genau passiert war. Rachel hatte gesagt, sie wollte die Vergangenheit nicht wieder aufleben lassen. Ich schon. Zum ersten Mal seit Langem hatte ich wieder eine Story, die mich nicht mehr losließ. Und das fühlte sich gut an.“ (S. 120) 
Auch wenn Connelly mit Mickey Haller und Jack McEvoy zwei Figuren geschaffen hat, die nicht direkt mit polizeilichen Ermittlungen zu tun haben, sind sie doch genau in diesem Metier tätig. McEvoy versichert sich deshalb der Profiling-Expertise seiner Ex Rachel Walling, deren gemeinsame Beziehung wieder neuen Schwung erhält, aber auch wieder die gefährlichen Klippen von Misstrauen zu überwinden hat. Connelly entwickelt den Plot recht geradlinig. Ähnlich wie in seinen Bosch-Romanen lässt der Autor seine Leser an McEvoys kleinteiligen Schritten teilhaben. Nur selten wird später die Ich-Erzähler-Perspektive aufgebrochen, um kurz einen der Beteiligten an der Weitergabe des DNA-Materials und schließlich auch den Shrike zu Wort kommen zu lassen. Dazu hat Connelly auch noch ein aktuell brisantes gesellschaftliches Thema aufgegriffen und es vor dem Hintergrund des real existierenden Nachrichtenportals Fair Warning in einen Plot gepackt, der dramaturgisch geschickt bis zum furiosen Finale immer mehr an Fahrt, Spannung und Brisanz aufnimmt. Connellys dritter McEvoy-Roman kommt zwar nicht an die besten Bosch-Werke heran, bietet aber schnörkellose Krimi-Unterhaltung mit einem interessanten Thema. 

 

Michael Connelly - (Jack McEvoy: 2) „Sein letzter Auftrag“

Montag, 21. März 2011

(Heyne, 495 S., HC)
Vor zwölf Jahren erlebte der Journalist Jack McEvoy den Höhepunkt seiner beruflichen Karriere, als er in der Rocky Mountain News den Killer überführte, den man den „Poeten“ nannte, und ein erfolgreiches Buch dazu veröffentlichte. Doch nun nähert sich seine Karriere dem Ende, als er im Zuge der bei Printmedien umgreifenden Kündigungswelle bei der L.A. Times entlassen wird.
Jack darf weitere zwei Wochen in der Redaktion verweilen, wenn er sich bereiterklärt, seine Nachfolgerin einzuarbeiten, die frisch von der Uni kommende, mit allen Wassern für den Medienmarkt der Zukunft gerüstete Angela Cook. Doch bevor der über Vierzigjährige die Segel streicht, will er noch eine große Story schreiben. Die Verhaftung des 16-jährigen Schwarzen Alonzo Winslow kommt dem ausgemusterten Polizeireporter gerade recht. Nachdem die nackte und mehrfach geschändete Leiche der 23-jährigen Striptease-Tänzerin Denise Babbit im Kofferraum ihres Mazda Millenia aufgefunden wurde, fand die Polizei im Wagen den Fingerabdruck des Verdächtigen, der in der Haft offensichtlich ein vollständiges Geständnis abgelegt hat und nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden soll. Jack kontaktiert zunächst die Großmutter des Angeklagten, die fest von der Unschuld ihres Enkels überzeugt ist, dann dessen Pflichtverteidiger, der Jack mit den wichtigsten Unterlagen versorgt. Dem über 900 Seiten umfassenden Protokoll des Geständnisses kann McEvoy allerdings entnehmen, dass Alonzo mit keinem Wort den Mord gestanden hat, sondern nur die Tatsache, dass er in dem Auto umherfuhr und dann die Leiche im Kofferraum entdeckte.
Als der Reporter auf einen ganz ähnlichen Fall in Las Vegas stößt, ist er überzeugt, dass in beiden Fällen die Falschen im Gefängnis sitzen.
„Im investigativen Journalismus mochte es vielleicht das Höchste sein, einen Präsidenten zu Fall zu bringen, aber was die Niederungen schnöder Kriminalität anging, war es auch nicht gerade das Schlechteste, wenn man den Nachweis erbringen konnte, dass ein vermeintlich Schuldiger unschuldig war… Einen unschuldigen Jungen freizubekommen, war schwer zu toppen. Mochte Alonzo Winslow offiziell auch noch nicht schuldiggesprochen worden sein, war er in den Medien längst verurteilt worden.
Ich war Teil dieser Lynchjustiz gewesen und sah jetzt, dass ich eine Chance bekommen hatte, alles wiedergutzumachen. Vielleicht gelang es mir, ihn zu retten.“ (S. 129)
Allerdings beginnt Angela Cook, die Story an sich zu reißen und macht durch ihre Recherche den mit allen Wassern gewaschenen Täter auf sich aufmerksam und bringt sich selbst in Gefahr ...
Auch wenn es sich bei „Sein letzter Auftrag“ nicht um einen Roman aus Connellys bekannter Harry-Bosch-Reihe handelt, hat der amerikanische Bestseller-Autor mit Jack McEvoy doch eine Figur in den Mittelpunkt seines neuen Thrillers gestellt, der Boschs Wege bereits in „Der Poet“ gekreuzt hat. In der Kombination zwischen einem routinierten Journalisten auf dem Abstellgleis und einer ebenso gescholtenen FBI-Agentin hat Connelly ein Dream Team geschaffen, von dem in Zukunft hoffentlich mehr zu lesen sein wird. Die Recherche-Qualitäten des einen und die Ermittler-Fähigkeiten der anderen bringen schließlich einen überaus raffinierten wie brutalen Killer zur Strecke. Neben den für Thriller üblichen Einblicken in die Vorgehensweisen von Polizei und FBI erhält der Leser hier auch einen gelungen beschriebenen Eindruck vom Alltag in einer großen Tageszeitungsredaktion. Sympathische Helden, ein geschickt konstruierter Plot und ein packendes, wendungsreiches Finale sorgen für Thriller-Unterhaltung erster Klasse!
Leseprobe „Sein letzter Auftrag“