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Ralf Husmann – „Vorsicht vor Leuten“

Mittwoch, 23. Februar 2011

(Scherz, 279 S., HC)
Als Autor von „Stromberg“, der deutschen Antwort auf die britische Comedy-Serie „The Office“, hat Ralf Husmann nicht nur den bemitleidenswerten Titel-Antihelden zur Kultfigur der deutschen Comedy-Szene erhoben, sondern sich selbst als „Pate des deutschen Humors“ („Die Welt online“) etabliert. Wie gut das auch verschriftlich funktioniert, bewies Husmann mit seinem großartigen Romandebüt „Nicht mein Tag“, dem er nun „Vorsicht vor Leuten“ folgen lässt.
Als Sachbearbeiter im Referat Planung und Bauaufsicht der Stadt Osthofen in Nordrhein-Westfalen hat der gut vierzigjährige Lorenz Brahmkamp keine große Lobby, weder bei seinem mürrischen, stark erkälteten Chef, noch bei seinen Kollegen, leider auch nicht mehr bei Katrin, seiner Kollegin aus dem Referat Haushalt und Finanzen, die ihn jüngst verlassen hat.
Doch Lorenz lässt sich nicht hängen und entwirft sogleich einen Schlachtplan, um sein verwurstetes Leben wieder in den Griff und vor allem Katrin wieder zurückzubekommen. Da heißt es 1. Abnehmen, 2. Job sichern, 3. Ehrlich werden und schließlich als das große Übermotto: Leben ändern.
Seine große Chance sieht Lorenz kommen, als er krankheitsbedingt für seinen Chef und dessen Stellvertreter das Treffen mit dem erfolgreichen Unternehmer Alexander Schönleben bestreiten soll, der in Osthofen aus der alten Bauschuttdeponie einen „Megapark“ machen will. Lorenz erkennt als Gewohnheitslügner schnell, dass Schönhofen ihm Geschichten auftischt, doch Schönhofen sieht in Lorenz fortan einen Verbündeten im Kampf gegen die Bürokratie. Schließlich sei auch für ihn was drin. Und ehe er sich versieht, sitzt Lorenz mit dem Selfmade-Millionär in einem Boot und hofft so, Katrin etwas bieten zu können. Eine neue Dusche steht ganz oben auf der Prioritätenliste, um Katrin zur Heimkehr zu bewegen.
„Er lässt es krachen. Katrin hatte recht. Er hat vieles zu lange schleifen lassen. Sie wird Augen machen, wenn sie demnächst wieder nach Hause kommt. Leben ändern mit einem Duschtempel. Irgendwo muss man ja anfangen. Der Corsa ist randvoll. Lorenz fährt quasi blind, vertraut aber darauf, dass das Schicksal kein Arschloch ist. Das Leben macht nicht erst Hoffnung und schickt einem dann von rechts einen Siebentonner, den man nicht sieht. Und tatsächlich: Alles geht gut. (…) Wie geht das also mit dem Duschtempel? Die Anleitung schreckt ab. Mehrsprachig. Mit Zeichnungen, die aussehen, als sei die Montage nicht so einfach. So schwer wird es aber wohl nicht sein. Aufstellen, ausmessen, andübeln, das wird er schon hinkriegen, denkt Lorenz. Heute ist ein guter Tag. Heute geht das. (…) Ein zweiter Mann wäre gut, denkt Lorenz, einer, der die scheiß Wand mal halten kann, während man die verschissenen Markierungen auf die Kacheln malt. Wie sich diese Genies vom Duschtempel ‚Sanistar deluxe‘ das wohl vorstellen? Wie soll man das alleine hinkriegen? Oder gehen die davon aus, dass der Mensch vier Arme hat? Oder Freunde?“ (S. 86f.)
Ralf Husmann schildert den Alltag des „kleinen Mannes“ mit gewohnt lässigem, kultverdächtigen Humor, ohne seinen einfachen Helden von der Straße zu demaskieren. Vielmehr entdeckt jeder Mann etwas in Lorenz wieder, das selbst in ihm schlummert und nagt, aber selten ausgesprochen wird. Wie sich Lorenz und Schönhofen schließlich auf Mallorca mit ihren Lügengeschichten die Bälle zuspielen, ist schon großartig. Immer wieder hat Husmann dabei einen coolen Spruch parat, aber darüber hinaus ist „Vorsicht vor Leuten“ auch einfach eine amüsante, abwechslungsreiche Geschichte, der man ebenso gern folgt wie den markanten Pointen, die Husmann gekonnt zu setzen versteht.
Leseprobe “Vorsicht vor Leuten”