Robert Ludlum (mit Eric Van Lustbader) – „Das Bourne Attentat“

Montag, 21. September 2009

(Heyne, 607 S., HC)
Nachdem Jason Bourne bei seinem letzten Abenteuer („Der Bourne Betrug“) seinen Freund Martin Lindros verloren hatte und die CIA an höchster Stelle von einem arabischen Terroristen infiltriert und der Direktor ermordet wurde, versucht die neue CI-Chefin Veronica Harts das Chaos in ihrem Geheimdienst in den Griff zu bekommen. Dass Luther LaValle, Geheimdienstchef des Pentagon, alles daran setzt, auch die CI unter sein Kommando zu bekommen, erleichtert ihre Aufgabe nicht zwingend.
Mit ganz anderen Schwierigkeiten hat Jason zu kämpfen, der von Moira Trevor das Angebot erhält, sich in ihrer Firma um die Sicherheitsvorkehrungen zu kümmern. In zwei Wochen soll an dem gerade fertiggestellten Flüssiggas-Terminal in Long Beach die erste Lieferung eintreffen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit im Visier von Terroristen befindet. Doch Jason ist sich nicht sicher, ob er sein Leben als Linguistik-Professor unter dem Namen David Webb aufgeben soll. Ziemlich schnell stellt er allerdings fest, dass sein akademisches Leben ganz mit seiner toten Frau Marie zusammenhing. Beim Frühstück mit seinem Uni-Mentor Dominic Specter will Jason die Karten auf den Tisch legen, da wird Specter vor Bournes Augen auf der Straße entführt. Und schon hängt Jason Bourne wieder in einem heiklen Fall drin, der seine ganze Intelligenz und Kampfkraft erfordert. Nachdem er Specter aus den Fängen seiner Entführer befreit hat, lernt er Specters andere Identität kennen. Dieser hat sich nämlich zur Aufgabe gemacht, die Überbleibsel der Schwarzen Legion aus dem Dritten Reich auszumerzen. Also schickt er Jason auf eine gefährliche Mission nach Moskau und München, bis er erfährt, was für ein Spiel Specter wirklich treibt. Derweil bekämpfen sich die NSA und die CI mit allen erlaubten wie unerlaubten Mitteln … Mit gewohnt viel Action, hinterhältigen Manövern listenreichen Wendungen und lässt Robert Ludlum seinen Helden durch die Mafia-Clans in Moskau kämpfen und falsche Identitäten lüften. Die vielen Nebenhandlungen und –Personen machen den Plot dabei manchmal unnötig komplex, und so manche Szene wirkt wie bei James Bond etwas unglaubwürdig, doch spannend ist die rasante Agenten-Hatz wieder allemal.

Robert Ludlum (mit Eric Van Lustbader) – „Der Bourne Betrug“

(Heyne, 669 S., HC)
Wenn der notorische Einzelgänger Jason Bourne in seiner Vergangenheit eines gelernt hat, dann dass er vor allem seinen eigenen Leuten bei der CIA nicht trauen kann. Dort ist er vor allem dem Direktor ein Dorn im Auge, doch da sein Stellvertreter Martin Lindros große Stücke auf den unbequemen, aber extrem effektiven Agenten und für einen echten Freund hält, wird Bourne immer mal wieder für außergewöhnlich schwierige Missionen eingesetzt. Als Bourne gerade bei dem Psychologen Dr. Sunderland an der Regeneration seines Gedächtnisses arbeitet und vor allem die Erinnerung an ein totes Mädchen in seinen Armen zu verstehen versucht, erhält er einen Anruf von Anne Held, der Assistentin des „Alten“, wie der CIA-Direktor intern gern bezeichnet wird.
Bourne soll unverzüglich ins Hauptquartier kommen, da Lindros sich bei einem streng geheimen Einsatz seines streng geheimen Typhon-Projekts nicht mehr zurückgemeldet hat. Seiner Freundschaft zu Lindros gewissenhaft verpflichtet, macht sich Bourne auf den Weg nach Äthiopien, wo sich Lindros‘ Spur verloren hat, und entdeckt in einer Höhle die Leiche eines Mannes, dessen Körper offensichtlich von radioaktiver Strahlung zerfressen wurde. Dermaßen alarmiert vermutet Bourne einen terroristischen Hintergrund für das Verschwinden seines Freundes und kommt einer islamischen Gruppe auf die Spur, die Amerikas Herz im tiefsten Innern zu zerstören versucht …
Auch wenn der renommierte Thriller-Autor Robert Ludlum im Jahre 2001 verstorben ist, erblicken noch immer Romane aus seinem Nachlass beständig das Licht der literarischen Welt. Seine Reihe um den CIA-Agenten Jason Bourne, der von seiner Dienststelle zu einem Killer ohne Gedächtnis ausgebildet worden ist, zählt zu den komplexesten und spannendsten Geheimdienst-Thrillern und wurde bislang dreimal höchst erfolgreich und spektakulär mit Matt Damon verfilmt. „Der Bourne Betrug“ reiht sich nahtlos in die Thriller-Serie ein, überrascht mit etlichen Wendungen und Täuschungsmanövern, wartet mit packender Action und undurchschaubaren Intrigen auf und hält die Spannung stets auf höchstem Niveau. Bei dem rasenden Tempo stören einzig die vielen Zufälle und plötzlich auftretenden Freunde, die Jason Bourne immer wieder zur rechten Zeit aus der Patsche helfen. Und auch die anscheinend unauffällige Annahme falscher Identitäten von hochrangigen Geheimdienst-Mitarbeitern durch die Terroristen wirkt unglaubwürdig. Davon abgesehen bietet „Der Bourne Betrug“ wieder beste Geheimdienst-Action in bester James-Bond-Manier.

Salley Vickers - „Die Versuchungen des Mr. Golightly“

(Claassen, 318 S., HC)
Als Mr. Golightly, ein alternder Herrscher über ein mächtiges Firmenimperium, für einen Sommer ins verschlafene Great Calne in der englischen Grafschaft Devon zieht, will er eigentlich nur sein vor Ewigkeiten geschriebenes Buch überarbeiten, das schnell zum Bestseller und Klassiker wurde, seiner Meinung nach aber einen neuen Anstrich vertragen könne. Doch mit der Ruhe ist es nicht weit her; wo die Einwohner dem Vertrauen erweckenden Mann begegnen, nehmen sie seine Zeit und Aufmerksamkeit voll in Anspruch, erwarten von ihm Hilfe in allen Lebens- und Liebenslagen.
Da ist der resignierende Filmregisseur Sam Noble, der einst hoffte, mit einem Film über weibliche Jockeys die Goldene Palme in Cannes zu gewinnen, und sich nun nach Sensationen in dem unscheinbaren Dorf sehnt, in dem er hängen geblieben ist und Mr. Golightly im örtlichen Pub anbietet, sein Buch zu verfilmen. Oder Morning Claxon, die in einer ehemaligen Teestube ein alternatives Gesundheitszentrum zu errichten versucht, Nicky Pope, die nur mit Mühe die Pension ihrer verstorbenen Mutter Emily weiterführen kann, weil das Spring Cottage erhebliche Mängel in seiner Ausstattung aufweist. Oder Ellen Thomas, die den Verlust ihres geliebten Mannes Robert nur schwer verkraftet und während eines Spaziergangs eine Stimme vernimmt, die Ellen verkündet, sie sei die Liebe, bevor sich in ihrem Haus der wegen Vergewaltigung für zehn Jahre Gefängnis verurteilte flüchtige Verbrecher Jos Bainbridge einnistet. Die Beschäftigung mit all diesen zunächst etwas skurril erscheinenden, aber nur mit allzu menschlichen Problemen belasteten Einwohnern nimmt Mr. Golightly so gefangen, dass er seinen ursprünglichen Plan bald aufgibt. Erst am Ende wird auf amüsante Art das Geheimnis gelüftet, wer Mr. Golightly eigentlich ist…

Michael Connelly - „Unbekannt verzogen“

Sonntag, 20. September 2009

(Heyne, 400 S., HC)
Beruflich könnte es für den Molekularbiologen Henry Pierce kaum besser laufen. Zusammen mit seinem Partner Charlie Condon unterhält er die Firma Amedo Technologies, die kurz
davor steht, ein revolutionäres Speichermedium auf Molekularebene zum Patent anzumelden. Mit Maurice Goddard ist auch ein williger Investor für das „Proteus“-Projekt in Sicht, der über mehrere Jahre mit zig Millionen das Unternehmen finanzieren möchte. Doch privat läuft so ziemlich alles schief. Noch immer trägt er die Last des gewaltsamen Todes seiner
Schwester Isabelle mit sich herum, nun trennte sich seine Lebensgefährtin Nicole James von ihm, die auch Pressesprecherin in seiner Firma gewesen ist. Zu allem Überfluss hat Pierce in seiner neuen Wohnung eine Telefonnummer bekommen, die offensichtlich zuvor an eine Prostituierte namens Lilly vergeben worden war.
Zunächst ärgert sich Pierce über all die männlichen Anrufer, die Lilly sprechen wollen, doch dann siegt die Neugier und Pierce macht sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Mädchen, das wie vom Erdboden verschluckt worden zu sein scheint. Auch ihre Freundin Robin, mit der Lilly auf einer Website für flotte Dreier wirbt, kann Pierce kaum weiterhelfen. Doch dann tauchen zwei miese Schlägertypen auf, die sowohl Robin als auch Pierce einzuschüchtern versuchen, und wenig später wird der Forscher auch noch des Mordes an Lilly verdächtigt … Spannender Psycho-Thriller des ehemaligen Polizeireporters der „Los Angeles Times“, dessen Romane zunehmend auch in Hollywood verfilmt werden (siehe „Das zweite Herz“ als „Blood Work“ von und mit Clint Eastwood).

Michael Connelly - (Harry Bosch:10) „Die Rückkehr des Poeten“

(Heyne, 448 S., HC)
Als die FBI-Agentin Rachel Walling einen Anruf aus Quantico erhält, dass an die Abteilung Behavioral Sciences ein an sie adressiertes Päckchen mit einem GPS-Gerät geschickt worden ist, weiß sie sofort, wem sie dieses „Geschenk“ zu verdanken hat. Dabei kann es sich um niemand anderen als Robert Backus handeln, ihren ehemaligen Vorgesetzten, der als „Poet“ einige brutale Morde auf dem Gewissen hat und seit sieben Jahren als tot galt. Die GPS-Koordinaten führen das FBI in die Mojave-Wüste, wo sie neun männliche Leichen ausgraben. Auch den Privatermittler Harry Bosch führt es in die Einöde von Nevada, als er den rätselhaften Tod seines herzkranken Ex-Kollegen Terry McCaleb untersucht, der nach seiner Pensionierung weiterhin an offenen Fällen arbeitete.
Während Rachel nur als Beobachterin am Fundort der Leichen zugelassen ist und sich wundert, dass das Team nicht darüber informiert wird, dass es sich beim gesuchten Täter nur um den Poeten handeln kann, glaubt sie, dass sie mit dem Privatermittler bessere Chancen hat, Backus auf die Spur zu kommen. Dieser beobachtet aber jeden Schritt aus sicherer Entfernung … Spannende Fortsetzung von Connellys Bestseller „Der Poet“ mit sympathischen Hauptfiguren und amüsanten Verweisen auf „Blood Work“, die Clint-Eastwood-Verfimung von Connellys „Das zweite Herz“.

Gabriel García Márquez - „Erinnerung an meine traurigen Huren“

Montag, 14. September 2009

(Kiepenheuer & Witsch, 160 S., HC)
Nachdem er eher untalentiert als Spanisch- und Lateinlehrer tätig gewesen war und vierzig Jahre lang für die heimische Diario de la Paz Informationen über die Kurzwelle oder Morsezeichen aufgefangen und zu Meldungen aufbereitet hatte, sind ihm nur noch eine Sonntagsglosse sowie gelegentliche Musik- und Theaterbesprechungen geblieben. Zu seinem neunzigsten Geburtstag möchte der alte Mann, der sich selbst für unbeschreiblich hässlich und gewöhnlich hält, sich eine Jungfrau gönnen, die zu besorgen er seine alte Freundin Rosa Cabarcas beauftragt, in deren laden der Mann Stammkunde ist.
Er hat sein Leben lang für Sex bezahlen müssen und hat doch schon einen recht resignierten Blick auf das Leben und das Altern, der auch unverhohlen in seinen Glossen zum Ausdruck kommt. Die Bordellbesitzerin erfüllt dem Alten den Wunsch und hat ein vierzehnjähriges Mädchen besorgt, das sie mit Bromid und Baldrian betäubte. Augenblicklich ist der Mann von der Reinheit des Mädchens fasziniert und denkt gar nicht an den Vollzug dessen, wofür er mehr bezahlt hatte als sonst. Stattdessen erfährt er mit neunzig Jahren erstmals das Gefühl, verliebt zu sein … Was zunächst wie eine Geschichte über einen alten, geilen Mann und sein minderjähriges Objekt sexueller Begierden zu sein scheint, entwickelt sich zu einer melancholischen, humorvollen und zärtlichen Parabel über die wunderbaren Möglichkeiten, die sich einem Mann auch im hohen Alter eröffnen können, wenn man nur daran glaubt.

Denis Johnson - „Fiskadoro“

Sonntag, 13. September 2009

(Rowohlt, 256 S., HC)
Auf den Florida Keys befinden sich die letzten Überbleibsel einer Zivilisation, die in Nachbarschaft mit primitiven Gesellschaften wie der Israeliten, der Fischer und der Sumpfleute lebt. Im Geschichtsunterricht der fünfköpfigen „wissenschaftlichen Gesellschaft“ liest man Ernest Hemingways „Fiesta“ und „Alles über den Dinosaurier“, der ehemalige Manager des Sinfonierorchesters von Miami, Mr. Cheung, bringt dem kaum wortgewandten Fischerjungen Fiskadoro das Klarinettenspiel bei.
Eines Tages folgt Fiskadoro, der in seinem bisherigen Leben bereits zweimal mit einem Mädchen geschlafen hatte, einem Sumpfmädchen in ihr Dorf und wird dort Opfer eines schmerzhaften Initiationsritus, an den er sich später nicht mehr erinnern kann, nur daran, dass er nicht so aussieht wie die anderen Männer im Dorf mit ihren aufgeplatzten Geschlechtsteilen. Nach seiner Rückkehr ins Heimatdorf fällt ihm allerdings das Klarinettenspiel ungewöhnlich leicht, doch hat der Harpunenwerfer, so die Bedeutung des Namens Fiskadoro, mit dem Verlust seiner Eltern und auch der Großmutter zu kämpfen. Denis Johnson, dessen Werk, wie er selbst sagt, von Leuten wie dem Mythenforscher Joseph Campbell und dem Psychologen Bruno Bettelheim stark geprägt ist, schuf mit „Fiskadoro“ eine in ihrer Sprunghaftigkeit nicht immer leicht nachzuvollziehende, doch stets höchst poetische Parabel auf das heutige Amerika und macht trotz des apokalyptischen Charakters Mut für ein harmonisches Miteinander verschiedener Kulturkreise.